Frau Leuschner ist es zu verdanken, dass die Konzertpianistin Henriette Gärtner am 7. November 2010 bereits zum 15. Mal im Neuen Schloss von Bad Lobenstein gastierte. Die Organisation lag wieder in den bewährten Händen des engagierten Kulturamts von Bad Lobenstein. Dank dieser guten Teamarbeit war die Veranstaltung bereits seit Wochen ausverkauft.
Wer Frau Gärtner in all diesen Konzerten erlebt hat, dem wurde kein Werk zweimal geboten. Ihrem Freundeskreis immer wieder neue Stücke von bekannten sowie unbekannten Komponisten zu bieten, ist eines der Merkmale von Henriette Gärtners Selbstanspruch. Sich selbst hohe Ziele zu setzen, ist das Ergebnis einer guten Schule, die mehr vermittelt als die bloße Fingertechnik. Zum ersten Mal weihte Frau Gärtner ihr Publikum ein, wer sie inspiriert hat.
Gleich nach Mozarts Sonate in a-moll standen Werke von Theodor Leschetitzky, der zur Zeit von Franz Liszt lebte. Doch im Gegensatz zu Liszt war Leschetitzky eher ein erfolgreicher Klavierpädagoge als ein Komponist. Daher blieb er weitgehend unbekannt. Nach dem Konzert jedoch waren alle Besucher von Leschetitzkys Kompositionen sowie der dynamischen Interpretation Henriette Gärtners begeistert! Gerade während der Hommage à Czerny, seinen Lehrer, mit den faszinierenden Läufen über die mehr als 7 Oktaven des Konzertflügels wurden die Motorischen Zentren der Zuschauer derart aktiviert, dass sich die Besucher spontan mit ihrem Sitznachbarn austauschen mussten. Die Zuhörer standen aufgrund der unglaublichen Intensität dieses beeindruckenden musikalischen Erlebnisses förmlich unter Strom.
Vor der Pause stand „Isoldes Liebestod“ von Richard Wagner in einer Transkription für Klavier von Moritz Moszkowski auf dem Programm. Moszkowski ist ein weiterer Komponist, der von Frau Gärtner einem breiten Publikum vorgestellt wird. Derartige Bearbeitungen bieten den Konzertbesuchern interessante Hörerlebnisse, denn bereits bekannte Melodien werden in einer Transkription neu verpackt.
Nach der Pause führte Henriette Gärtner ihr Publikum mit sympathischen Worten in die Entstehung sowie den Inhalt der „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky ein. Bei der Gelegenheit machte sie eine Ausnahme ihrer sich selbst gesetzten Regel, nämlich an keinem Ort ein Werk zweimal zu spielen. Der Grund war nachvollziehbar, da sich die Veranstalterin, Frau Leuschner, diese Komposition gewünscht hatte. Die Ausnahme ist Frau Gärtner auch nicht schwer gefallen, denn nach ihren eigenen Worten fühlt sie sich in diesen von Mussorgsky musikalisch nachgezeichneten Bildern wohl. Am Ende des hinreisenden Vortrags am Konzertflügel feierte das Publikum seine Pianistin mit stehenden Ovationen. Und dann geschah etwas Sonderbares: Henriette Gärtner verließ den Saal – und der Beifall verstummte. Es dauerte eine schiere Ewigkeit, bis die Besucher ihr Innehalten bemerkten. Daraufhin baute sich im Saal eine Spannung auf, da sich niemand traute, die Stille zu durchbrechen. Als schließlich die ersten wieder zu klatschen begannen, fielen alle erleichtert ein. Der Pianistin blieb dieser magische Moment verborgen, in den ihr Publikum versunken war, nachdem sie die Bühne verlassen hatte.
Die Konzertpianistin belohnte ihre aufmerksamen Gäste mit 4 ausgezeichneten Zugaben. Es scheint ein guter Geist zu sein, den der Klavierpädagoge Leschetitzky an seine Schüler vermittelt hat. Denn wie man anhand der vielen Zugaben unschwer ablesen kann, ist Henriette Gärtner als seine Schülerin in 4. Generation eine Pianistin, die den musikalischen Dialog mit ihrem Publikum mit sichtbarer Freude auf höchstem Niveau zelebriert.
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