Wie hört sich ein Klavier nach 100 Jahren ohne Stimmung an?

Das folgende Hörbeispiel entstand bei einem Klavier mit Oberdämpfermechanik, also einem Instrument das circa 1900 gebaut worden ist. Der erste Hörtest ergab die Vermutung, dass hier ein schwerer Schaden vorliegen könnte. Die Begutachtung per Augenschein ergab jedoch keine Bestätigung der ersten Einschätzung. Also nimmt man als Klavierstimmer die kritischen Töne einfach mal in die Hand, um den Halt der Stimmnägel im Stimmstock zu überprüfen. Dieser Test ergab nun doch deutliche Unterschiede in der Festigkeit des Halts der Stimmnägel. Was kann man tun? Diese Frage ist im Zusammenhang mit dem Gesamtzustand des Instruments zu beantworten. Sollte man aufgeben oder sieht man Chancen, dass es sich lohnen könnte, um das gute alte Klavier kämpfen? Nun, ich habe habe gekämpft und nach rund 2 Stunden erfahren, dass dies möglicherweise seit 100 Jahren die erste Außenstimmung des Klaviers war! Hören Sie selbst:

Klavier 100 Jahre ohne Stimmung Erststimmung nach 100 Jahren

Als ich vor dem Stimmen meine Hörproben eingespielt habe, kam es für den Klavierstimmer als Klavierspieler zu einem echten Test. Das Klavier prüfte mich nämlich aufgrund seiner Verstimmung, wie stabil meine Version des C-Dur-Praeludiums aus dem Wohltemperierten Klavier von Johann Sebastian Bach gelernt worden ist. Und ich versichere Ihnen, dass ich mich nicht ein einziges Mal verspielt habe. Das können Sie zwar per Gehör nicht überprüfen. Aber ich habe ganz genau darauf geachtet, immer genau die Tasten zu spielen, die ich bei diesem Stück sonst auch spiele.

Mit diesem Vergleich zwischen den beiden Extremen einer kompletten Verstimmung und der daran anschließenden guten Stimmung bekommen Sie die Gelegenheit, die Wirkung von Stimmung an sich selbst zu beobachten. Bei der Verstimmung wird das so genannte Zurechthören in diesem Fall vergeblich aktiviert. Das bewirkt im Kopf ein hohes Maß an Unruhe. Harmonie als Folge einer gelungenen Synchronisierung der Gehirnaktivitäten tritt erst beim Hören der guten Stimmung ein, die nämlich das Bewusstsein von der unökonomischen da zusätzlichen Mehrarbeit des Zurechthörens entlastet. Und so komme ich zu der Einsicht: Stimmung macht Musik genauso wie der Satz gilt, Kleider machen Leute!

Ultimativer Test Stimmung macht Musik Stimmungswunder Zum Seitenanfang Zurück zur Themenübersicht