Höherstimmen + Stimmen + Intonation + Spielart erleichtern

Man könnte im Untertitel auch fragen: Kann man eine schwerere bzw. leichtere Spielart hören? Diese Frage will ich in diesem Artikel aufklären.

Doch zuerst kurz eine Fallbeschreibung: Es geht hier um ein Klavierklavier des Braunschweiger Herstellers Schimmel. Dieser Klavierbauer verspricht als Premiummarke eine gewisse Exklusivität und rechtfertigt so einen relativ hohen Preis. Doch mir ist seit langem bekannt, dass diese Markenklaviere häufig eine schwere Spielart haben. So hat es mich nicht verwundert, dass die Klavierspielerin dieses Instruments als ihr wichtigstes Anliegen vortrug, dass sie darauf nicht leise spielen kann. Die Einschränkung des so genannten Dynamikspektrums der Spielart am Mehrwert-Kontinuum des Klavierspiels, nämlich dem emotional unter die Haut gehenden Leisespiel, ist leider ein relativ häufig anzutreffender Schwachpunkt der Klaviere und Flügel. Nicht in allen Fällen kann man das nachträglich verbessern. Daher sollten Sie unbedingt beim Kauf darauf achten, ob Sie auf dem Instrument Ihrer Wahl tatsächlich leise spielen können.

Das war quasi die Herzensaufgabe innerhalb dieses Auftrags. Dieser Teil wurde umgarnt von der Geschichte, dass das Klavier aus verschiedenen Gründen lange nicht gespielt und somit auch nicht gestimmt worden ist. Also ging es zuerst einmal darum, das Klavier von 429 auf 440 Hertz höher zu stimmen. Dabei wollte ich das Klavier vor allem bezüglich der Spielart kennen lernen. In den ersten beiden Beispielen hören Sie vor allem im Vergleich

  • die unterschiedliche Tonhöhe der Stimmung,
  • die Präzision der Stimmung, die das Erkennen der Tonart erleichtert, sowie
  • die deutlich verbesserte Spreizung vor allem im Diskant.
Schimmel Kleinklavier 429 Hertz Schimmel Kleinklavier 440 Hertz

Bei den nun folgenden Beispielen hören Sie die Unterschiede beim Spielen eines Stückes. Obwohl ich mir auch schon im verstimmten Zustand Mühe gebe, das Stück trotzdem so gut wie möglich zu spielen, hört man inklusive einem kurzen Hängenbleiben, dass das Mögliche nicht sehr gut ist.

Spielfreude

In der gestimmten Version hört man schon mehr Qualität. Aber die schwere Spielart sowie die Ungleichmäßigkeiten in der Intonation fordern vom Klavierspieler ein hohes Maß an ausgleichender Anpassung im Spiel. Dies hat selbst mich bei meinem Standardstück offensichtlich derart abgelenkt, dass ich mich verspielt habe. Anmerkung: Wie stark der Einfluss einer korrekt funktionierenden Spielart sowie einer ausgeglichenen Intonation selbst für Profis ist, können Sie hinsichtich eines historischen Meilensteins im Rahmen der Klavierkonzerte in meinem Blog über Die Wohlfühlstimmung lesen. Die Pianistin Clara Schumann spielte als erste komplette Konzerte mit anspruchsvollen Werken auswendig, nachdem sie zuvor von Sébastien Érard einen Flügel mit der damals neuen Repetitionsmechanik geschenkt bekommen hatte.

Zum Schluss hören Sie das gleiche Stück mit inzwischen leichter Spielart und darüber hinaus ausgleichend intoniert. Und Sie spüren beim Hören förmlich, wie mir das Stück dezent aus den Fingern perlt. Wenn man beim Spielen keine unnötigen Widerstände überwinden muss, dann entsteht Spielfreude, die automatisch dazu animiert, sich häufiger ans Klavier zu setzen. So kann auf der Basis eines wie in diesem Fall auf Wunsch des Kunden durchgeführten umfassenden Klavierservice die aus sich selbst heraus entstehende und somit äußert ökonomische Motivation zum Klavier spielen entstehen. Darin liegt meines Erachtens ein Ansatz zur Optimierung der Klavierspielpädagogik, wenn nämlich Klavierlehrer imstande sind, die technischen Probleme von Schülerklavieren zu erkennen, die eine gute Spieltechnik und Spielweise unmöglich machen, sowie die Freude am Klavierspiel verhindern. Wenn der Klavierpädagoge die erkannten technischen Mängel aufgrund einer heute zeitgemäßen neuen Kompetenz auch noch selbst beheben kann, wäre das aus der Sicht der Lehrer-Schüler-Beziehung der wünschenswerte Idealfall, da diese Kompetenz die gute Beziehung fördert. Eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung ist aufgrund der verstärkten Oxytocin-Produktion die Bedingung zu einem leichteren Lernen. Denn das Beziehungs-Hormon Oxytocin erhöht auch noch bei Erwachsenen die Plastizität des Gehirns, was bedeutet, dass Lernen leichter fällt! Der Klavierpädagoge hätte für seine Klavierschüler den erwünschten Lern-Erfolg ermöglicht und würde gleichzeitig die Fluktuation seines Kundenbestandes wesentlich reduzieren. Mehr Kontinuität im Geschäft eröffnet für Musikpädagogen den Spielraum für neue Geschäftsmodelle, wie sie aktuell z.B. mit dem zeitlich begrenzten Projektunterricht entstehen.

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