Die Wirkung der langjährigen Beziehung zum eigenen Klavier

Ein neues Haus in einer neuen Stadt mit nun eigener Familie, das liest sich wie die Rahmenbedingungen eines durchwegs strahlenden Lebens. Aber es fehlt etwas. Nämlich das alte Piano von zu Hause. Doch das ist eine traurige Geschichte. Denn bevor das Piano umgezogen werden sollte, wurde es sicherheitshalber mal begutachtet, ob es denn noch stimmbar sei. Das ist sinnvoll, da so ein Klaviertransport ja auch eine Kleinigkeit kostet. Das Urteil des Gutachters kam jedoch für das Klavier einem Todesurteil gleich, denn es lautete unstimmbar. Dafür hat der Fachmann 5 Minuten benötigt und sich den Aufwand mit 100.- Euro belohnen lassen. So scheinen Klaviergutachten öfters zu verlaufen.

Doch dann hörte die junge Mutter von einer Nachbarin, dass es vielleicht doch noch Hoffnung für ihr altes Klavier gibt. Denn die Nachbarin hat gerade vor ein paar Tagen den Kundendienst von Praeludio mit einer umfassenden da äußerst informativen Beratung erlebt. Also rief die Klavierbesitzerin bei Praeludio an, um sich bei mir nach den Chancen zu erkundigen. Auf ihre Frage hin bestätigte ich, dass es schon Fälle gibt, in denen ein Klavier nicht mehr stimmbar ist. Aber das muss man erst intensiv prüfen. Sie erwähnte, dass das Klavier erst noch transportiert werden muss. Daher fragte ich, ob ich mir das Klavier sicherheitshalber vorher anschauen soll. Das verneinte sie, da dies ja gerade mit negativem Ausgang geschehen war. Kurzentschlossen vereinbarte die Kundin mit mir einen Termin zum Stimmen und lies das Klavier zu sich transportieren. Auf meinen Hinweis zum Risiko antwortete sie, dass sie sich erst richtig zu Hause fühlen würde, wenn ihr Klavier wieder bei ihr wäre - auch wenn es dann eben nicht mehr stimmbar wäre! Im folgenden hören Sie das Klavier, wie es vor und nach dem Stimmen geklungen hat:

Klavier unstimmbar? Klavier doch stimmbar! Unstimmbar? Praeludio Wieder praeludio gestimmt! Praeludio gestimmt

Also ich finde diese Geschichte erzählenswert. Denn sie berichtet uns etwas von der intensiven Beziehung, die Klavierspieler zu ihrem Instrument haben. Auf diese Beziehung gehen aber häufig weder der Klavierservice noch der Klavierhändler und -hersteller entsprechend wertschätzend ein. Der Hintergrund für ein vorschnelles Aburteilen von älteren Klavieren mit möglicherweise einem Riss im Resonanzboden liefern die neuesten Zahlen des Klaviermarktes in Deutschland:

Demnach wurden 2011 rund 13.000 neue Klaviere verkauft. Im gleichen Zeitraum wurden aber zum Großteil privat und somit einfach am Handel vorbei rund 40.000 gebrauchte Pianos gekauft. Es ist nicht die Begeisterung für die Musik und für die hohe Kultur des Klavierspiels, die in Deutschland nachgelassen hat. Die Musikschulen sind überlaufen und Klavierlehrer brauchen kaum Werbung. Trotzdem gibt es in Deutschland immer weniger Klavierhersteller, die auch noch in deutschem Besitz sind. Und der Anteil an deutschen Marken, die tatsächlich in Deutschland hergestellt worden sind, ist in den noch existierenden Klaviergeschäften inzwischen extrem gering. Warum wohl? Nein, es ist nicht nur der hohe Preis für Made in Germany. Es ist auch die Verweigerung der Hersteller für den beachtlichen Preis wenigstens die bereits erreichten Qualitätsstandards wie den romantischen Klavierklang zu erfüllen, sowie das Gewohnte mit den Möglichkeiten des Neuen harmonisch zu verbinden. Alte Werte zu pflegen und darüber hinaus Mehr-Wert zu schaffen. Das ist es nicht, was die Kunden erwarten. Vielmehr würde eine derartige Marketing-Strategie die Kundenwerwartungen übererfüllen und die Klavierspieler begeistern! Marketing könnte so einfach sein...

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