Aufgrund meiner aktiven Begleitung der Konzertpianistin Henriette Gärtner erfuhr ich quasi direkt an der Quelle von ihrem neuen Angebot des Meisterkurses Körper und Klavier. Hier geht es um das Vermeiden von Musikererkrankungen, indem man bewusst seinen Körper als das erste Instrument zum Musizieren betrachtet und somit in die Disziplin des Übens integriert. Für dieses Angebot ist die vielseitig ausgebildete Künstlerin geradezu prädestiniert, denn inzwischen hat sie zusätzlich im Fachgebiet der Biomechanik/Bewegungsphysiologie mit summa cum laude zum Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) promoviert. Darüber hinaus geht es um die vielfältigen Aspekte des künstlerischen Klavierspiels. Für dieses sehr spezielle Themenspektrum ist eine erfahrene Pianistin wie Henriette Gärtner natürlich die Ansprechpartnerin erster Wahl.
Struktur und Inhalte des Seminars
Der Kurs ist zeitlich relativ umfangreich und dafür gleichzeitig kostengünstig. Das Angebot geht über 2 Tage zu jeweils über 6 Stunden Praxis. Die Teilnehmerzahl ist aufgrund der Intensität der persönlichen Zeiten auf den übersichtlichen Kreis von 8 Personen beschränkt. Die Teilnehmer können hinsichtlich Status und Gebühr zwischen aktiv und passiv wählen. Aktive Teilnehmer dürfen Vorspielen. Das Vorspiel wird von Henriette Gärtner analysiert, mit methodischen Ideen angereichert und bei Bedarf auch vertiefend diskutiert.
Wie kann ich meine Kunden am besten kennen lernen?
Welche Erwartungshaltung hat nun eine Klavierstimmer, wenn er sich in den Kreis leistungsorientierter Klavierspieler begibt? Nun es geht selbstverständlich darum, das eigene Angebot immer weiter zu verbessern. Das ist keine einmalige Angelegenheit sondern ein kontinuierliches Bemühen. Daher nutzte ich diese Gelegenheit, nicht nur um die mit bereits als Konzertpianistin vertraute Henriette Gärtner in Ihrer Kompetenz noch besser kennen zu lernen, sondern darüber hinaus auch mehr über die Probleme, Bedürfnisse und Wünsche der Nachwuchspianisten sowie der Klavierlehrer zu erfahren.
Wie viel Sinn machen Fingerübungen?
Henriette Gärtner ging kurz auf den Sinn von automatisierenden Technikübungen ein. Sie meinte, dass es zu Gunsten einer musikalischen Ausbildung wichtig wäre, wenn man die technischen Übungen mit musikalischen Aufgabenstellungen zur klanglichen und dynamischen Differenzierung verbindet. Denn darüber würde dann die Klavierspieltechnik ganzheitlich ausgebildet, anstatt die Elemente isoliert zu schulen.
Wie viel Bewegung ist am Klavier erlaubt?
Henriette Gärtner äußerte sich auch zu den oftmals zu sehenden Rumpfbewegungen beim Klavierspiel, die nach ihrer Ansicht vermieden werden sollten, sofern sie unbewusst und unkontrolliert stattfinden. Aus diesem Grund hat Henriette Gärtner einige Übungen zur Körperwahrnehmung zusammengestellt, die Teil des Kurses sind. Ihr Vorbild der aufrechten Sitzhaltung wird zusätzlich zur klassischen Ausbildung als Pianistin an der Accademia Pianistica Internazionale Incontri col Maestro in Imola/Italien von Ihrer aktiven Leidenschaft für das Ballett unterstützt. Aus meiner Erinnerung von Konzerten anderer Pianisten hatte ich jedoch den Eindruck, dass die Rumpfbewegung ein gestaltender Ausdruck deren innerer Bewegtheit waren. Auf meine Fragen nach dem Grund für die Vermeidung dieser Rumpfbewegungen meinte Henriette Gärtner, dass diese den Spielern in der Regel eben gar nicht bewusst wären. An dieser Stelle sind meiner Ansicht nach in einem modernen Klavierunterricht der Einsatz von Medien sinnvoll, die dem Spieler ein Außenbild von sich selbst liefern. Das kann zum einen der Spiegel und zum anderen das aufzeichnende und somit wiederholbare Video sein.
Wie geht eigentlich die so genannte Anschlagskultur am Piano?
Zur Technik des Klavierspiels habe ich anlässlich eines Konzerts von Henriette Gärtner schon einiges erfahren. Damals ging es um Scarlatti und seinen Einfluss auf die beidhändige Technik des Klavierspiels. Bei dem von mir besuchten Seminar erfuhr ich nun mehr über die Feinheiten der Fingertechnik. Die ausgebildete und erfahrene Konzertpianistin lenkte mehrfach die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf
Auch für die Entwicklung des richtigen Gefühls für die Handhaltung und Fingertechnik setzte bei mir spontan ein Brainstorming zu Ideen spezieller gymnastischer Übungen sowie wiederum zum Einsatz zeitgemäßer Medien ein, um so jeweils die Entwicklung des Innenbildes der Bewegung zu optimieren.
Unterrichtsräume großzügig ausgestattet in zentraler Lage
Das Seminar fand im Saal der Musikschule in Tuttlingen statt, welche sich mitten im Zentrum von Tuttlingen befindet und vorbildlich geführt wird. Mit der Ausstattung eines Steinway-D-Flügels stand ein echter Konzertflügel der Spitzenklasse zur Verfügung.
Als Ergänzung des Seminars präsentierte Henriette Gärtner die Inhalte ihrer Doktorarbeit Klang, Kraft und Kinematik beim Klavierspiel mit dem Untertitel Über ihren Zusammenhang aufgezeigt an Werken aus der Klavierliteratur anhand von Folien auf dem Laptop und ließ Teilnehmer über die Hörbeispiele und damit im Zusammenhang erstellte Kraft-Zeit-Kurven das zum jeweiligen Hörbeispiel gehörenden Klavieranschlagmuster diskutieren.
Meine subjektive Bewertung des Erlebnisses dieser Fortbildung
Insgesamt war das Seminar für mich ein äußerst interessantes Erlebnis. Da ich mich abends mit den Klavierlehrern austauschen konnte, weiß ich, dass die passiven Teilnehmer richtig Lust auf die aktive Teilnahme bekommen haben. Die Konzertpianistin, Frau Dr. Henriette Gärtner, genießt in diesem Kreis aufgrund ihrer nachweislich hohen Kompetenz einen sehr guten Ruf. Dies zeigt sich letztendlich auch in der Tatsache, dass andere Klavierlehrer ihre Schüler der Pianistin vertrauensvoll zur Analyse und Verbesserung in das Seminar schicken.