Im folgenden will ich die Leistungen deutscher und ausländischer Klavierhersteller einmal vergleichen, um so eine zugegebenermaßen subjektive Analyse des Ist-Stands im Klavierbau zu erhalten, die uns wiederum eine Schlussfolgerung zu den deutschen Klavierherstellern ziehen lässt. Das heißt, wir wollen wissen, was heute schon mit Klavieren möglich ist und was aus Sicht der Klavierspieler wünschenswert wäre.
Start der Analyse ausgehend von einer gemeinsamen Position
Vorweg sollten Sie jedoch meine Position kennen: Denn ich stimme mit Ihnen darin überein, dass der Klang eines natürlichen Klangkörpers dem synthetischen Klang überlegen ist. Doch im Zusammenhang mit dem Lernprozess sowie beim Aufzeichnen und Bearbeiten von Musik gibt es eine ganze Reihe elektronischer Hilfen, die einen Mehr-Wert bringen, wenn man sie direkt in das Piano integrieren kann. Lassen Sie uns also die bereits bestehenden Möglichkeiten kennen lernen, die bislang ungelösten Probleme offen diskutieren und darüber hinaus auch ruhig etwas mit unserer Phantasie spielen.
Wie viele Klavierproduzenten gibt es noch in Deutschland?
Das Qualitätssiegel Made in Germany steht für ein solides Handwerk. Eine ganze Reihe von erfolgreichen Klavierbauern hat Deutschland vorzuweisen. Das ist ursächlich darauf zurückzuführen, dass die klassische Musik über Jahrhunderte in einem äußerst intensiven und kreativen Prozess der gegenseitigen Inspiration von Musikinstrumentenherstellern, Musikern und Komponisten vor allem im zentraleuropäischen Raum gestaltet worden ist. All die daraus resultierenden Ergebnisse einer Vielzahl von ausgezeichneten Instrumenten sowie höchst komplexe Werke genialer Komponisten sind das Ergebnis unserer kulturellen Entwicklung und somit Teil unserer kulturellen DNA. Der Wohlstand des entstehenden Bürgertums im 19. Jahrhundert hat die Blüte des Klavierbaus um 1900 ermöglicht. Sogar der Begründer des amerikanischen Unternehmen Steinway stammt aus Deutschland und hieß ursprünglich Heinrich Engelhard Steinweg, als er 1850 Deutschland aufgrund der schlechten wirtschaftlichen und politischen Situation verließ. Darüber hinaus bauen die Firmen
heute noch Klaviere, wenn auch schon nicht mehr alle unter eigener Regie wie z.B. Firma Seiler (Kitzingen), die seit 2008 dem koreanischen Konzern Samick gehört. Samick hat Seiler gekauft, als die deutsche Firma in die Insolvenz ging. Weitere Aktualisierungen finden Sie in Klammern.
Ursprünglich war es eine Warnung, was heute ein Qualitätssiegel sein soll
All diese deutschen Unternehmen stehen für hohe Qualität mit dem Siegel Made in Germany. Wissen Sie eigentlich, woher die Bezeichnung Made in Germany stammt? Die Kennzeichnungspflicht wurde 1887 zuerst von den Engländern eingeführt, um die eigenen Produkte vor den damals billigeren und auch häufig minderwertigeren Produkten aus Deutschland zu schützen!
Stimmt das eigentlich, dass die Japaner uns kopieren?
Zurück zu unseren bis heute verbliebenen deutschen Klavierbauern: Von den oben genannten Unternehmen gehen jedoch schon länger keine innovativen Impulse mehr aus. Wir hören und lesen nur davon, dass man gelegentlich mit neuen Materialien wie z.B. Carbon arbeitet. Im Fall der Klavier- und vor allem der Flügelmechanik wird sich das neue Material möglicherweise durchsetzen. Doch beim Einsatz im Bereich des Resonanzbodens, wie es Steingraeber bei einigen Modellen praktiziert, taugen die damit verbundenen Erfolge bislang noch nicht für glorreiche Hymnen, um es vorsichtig zu formulieren. Innovativ ist dagegen der japanische Konzern Yamaha. Das ist insofern für uns Deutsche störend, als unsere Presse nach wie vor versucht, die Wirklichkeit zu beschönigen, so dass wir immer noch dem Vorurteil zustimmen, die Japaner würden ja nur kopieren. Nein, im Klavierbau ist das Gegenteil der Fall, wenn z.B. Bechstein 2012 das Silent Piano neu designed. Denn damit kopieren wir Deutschen nur ein Konzept, das Yamaha schon 1992 auf den Markt gebracht hat.
Dabei hat Yamaha das Silent Piano gar nicht selbst erfunden, sondern bei unseren Nachbarn, dem englischen Klavierbauer Kemble entdeckt. Doch Yamaha hatte eben den Vorteil, dass man als Konzern sowohl bei den akustischen Musikinstrumenten als auch bei den elektronischen Instrumenten engagiert war. Es gab also keine Berührungsängste mit dem jeweils anderen Bereich, was die Entwicklung neuer Ideen begünstigt hat.
Wir könnten auf unserer Erfinder stolz sein
Wie mit dem Silent Piano ist es auch mit einer Erfindung aus Deutschland geschehen. Denn das Hybrid-Piano hat genau genommen schon 1987 Seiler (Kitzingen) erfunden, konnte das im Vergleich zu den heute erhältlichen Varianten des Hybrid-Pianos damals mit umfangreicheren Leistungen ausgestattete Instrument jedoch nicht vermarkten. Zwar erst viel später aber erfolgreicher gelingt die Vermarktung des Hybrid-Pianos nun Yamaha und die Japaner bekommen vom Markt für ihren scheinbar mutigen Entwicklungsschritt ein rundum positives Feedback.
Seilers heutiger Besitzer Samick hat die innovative Leistung von Seiler im Rahmen der Entwicklung des ersten Hybrid-Pianos mit dem Namen DuoVox inzwischen so weit wie möglich auf Unkenntlichkeit gestutzt. Denn übrig geblieben ist nur der Name DuoVox auf einer nur schwer auffindbaren Seite. Inhaltlich wird das Hybrid-Piano von Seiler unter diesem Namen nun aber mit Nachrüstsätzen von PianoDisc sowie von Korg verkauft. Meiner Meinung nach nimmt Samick damit Seiler die Identität, indem es so verhindert, dass die Seiler-Mitarbeiter auf einstigen Seiler-Leistungen stolz sein können. Das sollten Käufer von Seiler-Pianos wissen, die sich für den Kauf dieser Marke wegen dem Standort Deutschland entscheiden.
Vom Selbstspieler zum raum- und zeitunabhängigen Dialoginstrument
Längst vor dem Hybrid-Piano entwickelte Yamaha eine moderne Version des Selbstspielers. Sie kennen Selbstspieler vermutlich aus alten Filmen. Das sind pneumatisch betriebene Klaviere, in denen sich Rollen mit gestanzten Löchern drehen und sich die Tasten wie von Zauberhand gespielt selbst bewegen. In der modernen Version von Yamaha heißt der Selbstspieler Disklavier und kann weitaus mehr, als dass man z.B. eine CD in das Klavier schiebt, das einem dann die CD-Inhalte in einer Klavierversion vorspielt.
Aktiv musizieren ist nicht nur Klavier spielen sondern Musik bearbeiten
Diese Technologie des Disklaviers haben Yamaha aber auch Bösendorfer in einer eigenen Variante zu einem Reproduktionssystem entwickelt. Darüber hinaus hat Yamaha das System bereits zu einem modernen Unterrichtssystem entwickelt, an dem man nun per Internet einen qualitativ hochwertigen Unterricht vermitteln kann, selbst wenn Lehrer und Schüler nicht gleichzeitig an ihren jeweiligen Instrumenten an möglicherweise voneinander weit entfernten Orten sitzen. Das heißt, man hat also inzwischen nicht mehr nur ein wenig Elektronik ins akustische Klavier integriert, sondern ziemlich intelligente Systeme entwickelt. Z.B. der Computerflügel CEUS von Bösendorfer ist ein so genannter aufzeichnungsfähiger Selbstspieler, der die Einspielung aufzeichnen, speichern und nahezu originalgetreu wiedergeben kann, indem der Flügel einem die Einspielung vorspielt.
Selbstspieler sind in der einfachen Ausführung Automaten, die einem das Spielen abnehmen. Das kann grundsätzlich kein Ziel eines aktiven Klavierspielers sein. Denn ansonsten würde diese Menschen ja gleich mit Stöpseln im Ohr und dem iPod in der Hosentasche Teil der aus Sicht der Musikindustrie wünschenswerten Welt des passiven Musikkonsums sein. Nein, der Wert von Selbstspielern und deren neuen Möglichkeiten ergibt sich erst im Rahmen von Lernprozessen sowie z.B. bei der Zusammenarbeit mit einem Studio, das man nun nämlich nicht mehr aufsuchen und anmieten muss, sondern dem man die an einem solchen Instrument eingespielten Daten im Midi-Format einfach per Internet übermitteln kann. Denn Midi-Daten enthalten auch die dynamischen Elemente der Spielart und nicht nur quasi die Rohdaten wie die gespielten Tasten, also der Tonhöhen. Abschließend muss man feststellen, dass Hersteller wie Yamaha dem Klavierspieler zum Selbststudium völlig neue Möglichkeiten bieten. Das heißt gleichzeitig, dass die neuen Entwicklungen dieser Kategorie von Musikinstrumenten den herkömmlichen Unterricht je nach Sichtweise und Einstellung angreifen oder aber unterstützend ergänzen, falls die Klavierpädagogen entsprechende Denkansätze kennen, wie sie von Salmar Khan in seinem wunderbaren Buch über das Lernen Die Khan-Academy. Die Revolution für die Schule von morgen beschrieben wird. Hinweis: Das Buch ist ausverkauft und somit nur noch gebraucht erhältlich. Wenn Sie also über den Link nicht fündig werde, bei anderen Plattformen für gebrauchte Bücher suchen. Fortsetzung: Beim noch relativ neuen Hybriden Lernen kommt es zu einer integrativen Lehrmethodik, bei der die Arbeit und Anwesenheit des Lehrers einen noch höheren Wert als bislang erfährt. Über die multimediale Integration solcher Mehr-Wert-Teil-Leistungen eines solchen Reproduktionswerkzeugs bekommt der Klavierspieler weitaus mehr Feedback und es ist möglich, intuitiv und per Imitation anders an das Thema Klavier spielen heranzugehen. Über die Möglichkeiten von Feedbacksystemen für das Lernen habe ich im Rahmen der Entwicklung meiner eigenen Vision vom Hybrid-Piano gerade im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Feedback-Systems der Konzertpianistin Frau Dr. Henriette Gärtner einige Aspekte neu ergänzt, die Sie dort lesen können. Ferner muss man feststellen, dass die deutschen Klavierbauer in diesem technischen Bereich leider überhaupt keine Rolle spielen. Hier mangelt es einfach an Angeboten, Entwicklungen, offensichtlich an Willen und Phantasie, was ich auf den mangelnden Kontakt der Klavierhersteller zu den Klavierspielern zurückführe. Auch in diesem Punkt hat Yamaha wiederum einen völlig anderen Hintergrund, da es nicht nur die eigenen Yamaha-Musikschulen sondern darin auch eine ausgefeilte Yamaha-Musik-Pädagogik mit den hohen Zielstellungen des Improvisierens sowie Komponierens besitzt.
Warum baut eine traditioneller Klavierbauer ein e-Klavier?
Entwicklung gibt es in diesem Bereich schon auch in Deutschland, wenn man berücksichtigt, dass Blüthner 2012 ein e-Klavier vorgestellt hat. Das Ziel dieser Version Made by Blüthner ist es, ein elektronisches Klavier zu kreieren, das annähernd genauso gut klingt wie ein echtes Klavier. Also lediglich der nahezu identische Klang ist das Ziel des deutschen Klavierbauers und nicht etwa vergleichbare Mehr-Wert-Eigenschaften, die das Klavier zu einer Art Workstation oder sogar zu einem Kreativ-Spiel-Platz für Klavierspieler werden lassen. Aus der Sicht eines traditionellen Klavierbauers ist das vergleichsweise kleine Ziels des annähernd gleichen Klangs eine seltsam anmutende Zielstellung. Daher fragt man sich, was wohl dahinter stecken mag? Vielleicht die Erkenntnis, dass der traditionelle Klavierbau ein Problem bekommt, da ihm der Service wegstirbt? Ja, sie haben richtig gelesen, die Klavierstimmer sind eine aussterbende Art. Welche Pläne hat die Industrie für dieses Szenario? Klavierstimmer unter Artenschutz stellen? Keyboards bauen? Aufgeben und den Laden dicht machen? Oder gibt es innovative Problemlösungen?
Nun in USA wurde bereits ein Antwort darauf entwickelt und 2002 patentiert, nämlich das sich selbst stimmende Klavier. Ja, das ist nicht nur technisch möglich, sondern die ganze Klavierstimmung soll an einem solchen Instrument lediglich 90 Sekunden dauern! Also dürfte es kein Problem sein, wenn die Klavierstimmer aussterben? Doch, im Moment wäre das noch ein Problem. Denn diese Erfindung ist aufgrund nicht näher bezeichneter Probleme bislang noch nicht zur Marktreife entwickelt worden. Andernfalls wüssten Sie bereits von der Erfindung oder hätten es sogar schon in Ihrem Wohnzimmer stehen.
Kleine aber längst überfällige Fortschritte
Was gäbe es also für weitere Alternativen für das drohende Szenario des fehlenden Klavierservice? Zum Beispiel könnte die Klavierindustrie sich darum bemühen, leicht und gut stimmbare Pianos auf den Markt zu bringen, die der Klavierspieler selbst stimmen kannund die gleichzeitig über eine bessere Stimmhaltung verfügen. Bislang braucht man den Klavierstimmer aus dem Grund, da sich die Klavierhersteller noch nie um die Stimmbarkeit ihrer Instrumente bemüht haben. Sie meinen, dieses Problem wäre nicht zu lösen? Doch, es ist zu lösen. Das kann ich behaupten, da ich bereits auf zahlreiche Klaviere getroffen bin, die wesentlich besser als andere, ja die sogar überraschend gut zu stimmen waren. Leider standen aber keine deutschen Markennamen auf diesen Instrumenten – und falls doch, dann waren sie nicht in Deutschland hergestellt. Ja, und auch das Problem mit der Stimmhaltung ist deutlich verbesserbar, auch wenn man nicht wie z.B. Steingraeber den Resonanzboden aus Carbon fertigt. Eine konstruktive Idee dazu liegt bei Blüthner immerhin schon in der Schublade.
Gibt es denn überhaupt Alternativen zu elektronischen Lösungen?
Nun gut, werden Sie jetzt sagen. Das Problem mit den aussterbenden Klavierstimmern könnte man also auch in Deutschland lösen. Doch von den elektronischen Klängen alternativ zum akustischen Klang im Fall des Silent Pianos bzw. des Hybrid-Pianos mit gesampelten Sounds sind Sie grundsätzlich nicht überzeugt. Denn Sie wissen einfach, dass die elektronischen Sounds nie so gut wie akustisch erzeugte Klänge sind. Dieses Wissen und der damit verbundene Glaube ist weit verbreitet. Dennoch sind die Kombinationen aus Elektronik und Akustik bzw. aus Analog und Digital bereits weit verbreitet. Yamaha produziert 20-30 Prozent seiner Klaviere in dieser Kombination und hat in Deutschland am Klaviermarkt einen Anteil von circa 50 Prozent!
Aus der Sicht der deutschen Klavierbauer könnte man diese ablehnende Einstellung der Klavierspieler gegenüber elektronischen Lösungen dankbar aufgreifen. Aber dann müsste man sich selbstverständlich alternativ um herkömmliche mechanische und akustische Optimierungen bemühen. Auch dazu gibt es einige genau genommen seit über 100 Jahren überfällige Themen.
Warum hat das Klavier zwei Pedale, wenn doch nur eines funktioniert?
Das wäre zum Beispiel beim Klavier ein funktionierendes Piano-Pedal. Im Gegensatz zum Flügel hört man am Klavier in der Regel kaum einen Unterschied in der Lautstärke, wenn man das linke Pedal tritt. Gerne stelle ich meinen Kunden die Frage, was denn das linke Pedal bewirkt. Die Antworten sind zu 99,9 Prozent Vermutungen. Niemand weiß es. Und da die Lösung des Piano-Pedals beim Klavier seit über 100 Jahren technisch als Verkürzung des Hammerwegs mit der damit verbundenen Veränderung der Spielart durch ein geringeres Niederdruckgewicht realisiert wird, besteht also so lange schon ein Bedarf an einer Verbesserung. Der alte Name für das Klavier lautet Pianoforte und sollte zum Ausdruck bringen, dass man mittels der Anschlagsdynamik der Klavierhämmer sowohl leise als auch laut spielen kann. Diese beiden Extreme sollten zusätzlich durch die beiden Pedale verstärkt werden. Das rechte Pedal ist das Tonhaltepedal, während das linke Pedal das leisere Spiel optimieren soll. Das Interessante ist nun, dass man bis kurz nach 1900 (Steingraeber noch bis circa 1920) Klaviere mit der Verschiebemechanik gebaut hat, wie sie heute im Flügel noch üblich ist. Das heißt, beim Treten des linken Pedals wird die Mechanik so weit seitlich verschoben, dass z.B. in der Mittellage der Hammer nicht mehr 3 sondern nur noch 2 Saiten anschlägt. Diesen Effekt hört man besser und die Spielart also konkret das zu bewegende Gewicht am Ende der Taste bleibt bei dieser Lösung gleich.
Wenn man diesen Gedanken aufgreift und sich mal ernsthaft Gedanken darum macht, wie man die Lautstärke reduzieren kann bzw. die Intensität der Lautstärke im Spiel zusätzlich zur verminderten Anschlagsintensität vermindern kann, dann wird man eine Vielzahl von möglichen Lösungen finden. Am Ende dieses kreativen Prozesses muss das gefundene neue Produkt auch einen eigenen Namen bekommen. Aus dem Silent Piano könnte dann ein echtes Pianoklavier werden! Damit hätte man dann auch gleich eine Bezeichnung mit regionaler Identität, die vom heimischen Markt sicher eher angenommen wird, als das Moderator-Pedal, das heute die herkömmliche mechanische Alternative zum elektronischen Sound beim Silent Piano ist.
Wenn man ein Klavier wie einen Flügel spielen könnte
Ein weiterer Ansatz zur Optimierung des akustischen und analog betriebenen Klaviers könnte darin bestehen, die Spielart des Klaviers ähnlich der Spielart des Flügels zu verändern. Worin besteht der Unterschied in der Spielart eines Klaviers und eines Flügels?
Ein Klavier hat eine Klaviermechanik und eine Flügel hat eine Flügelmechanik. Auf meiner Homepage www.praeludio.info finden Sie in der Navigation den Link Mechanikmodelle. Auf dieser Seite können Sie die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Mechaniken an je einem interaktiven Mechanikmodell studieren. Seit der Erfindung von Sebastian Erard im Jahr 1821 hat die Flügelmechanik die Mehr-Wert-Eigenschaft einer Repetitionsmechanik. Was heißt das konkret?
Bei der Repetitionsmechanik am Flügel muss man die Taste nicht ganz loslassen, um den Ton erneut spielen zu können. Das heißt, man kann schneller wieder einen Ton anschlagen. Die Anschlagshäufigkeit ist am Flügel höher als am Klavier. Aufgrund der technischen Voraussetzungen einer Repetitionsmechanik im Flügel kann man also schneller spielen als am Klavier, bei dem man in der Regel die Taste ganz loslassen muss, bevor man einen Ton neu anschlagen kann.
Schon seit Anfang 1900 hat man mehrfach versucht, die Klaviermechanik in dieser Richtung zu verbessern. Im Klavierservice habe ich schon einige aber nicht alle bisher gefundenen technischen Lösungen gesehen und in der Praxis getestet. Bislang unbekannt sind für mich die Lösungen mittels Magneten. Die anderen Lösungen einer Langermechanik oder der RR-Mechanik von Sauter (Spaichingen) funktionieren nicht so, wie eben eine echte Repetitionsmechanik im Flügel funktioniert und ergeben somit auch keine hundertprozentig schnellere Spielart.
Sie können sich unschwer vorstellen, dass eine solch mechanische Verbesserung der Spielart am Klavier den Markt revolutionieren könnte. Wenn diese Kreation auch noch Made in Germany wäre, könnte es ein echter Verkaufsschlager sein. Massenweise könnte man neue Klaviere verkaufen und alte Pianos möglicherweise mit neuen Mechaniken nachrüsten.
Im Jahr 2012 habe ich wieder einmal ein Klavier mit einer Spezialmechanik gestimmt. Aus Interesse habe ich mir die Mechanik genauer angesehen und festgestellt, dass es sich um eine für mich neue Variante einer Repetitionsmechanik im Klavier handelt. Doch die technische Lösung dieser Mechanik war für mich völlig neu. Sie sah aus wie eine ganz normale Klaviermechanik, die nur durch ein paar zusätzliche Teile und somit regelrecht ökonomisch ergänzt worden ist. Die Funktion der Mechanik entsprach tatsächlich zu 100 Prozent der Funktion der Repetitionsmechanik im Flügel und man musste auch bei diesem Klavier die Taste lediglich halb loslassen, um den Ton neu anschlagen zu können. Das hat mich völlig überrascht, dass es also doch schon eine funktionierende Antwort auf diese schon recht alte Frage gibt.
Wieder zu Hause angekommen habe ich gleich auf der Homepage des deutschen Klavierherstellers nach Informationen zu der Mechanik gesucht – und nichts gefunden. Hm. Ich konnte nichts finden, da ich nach einer Repetitionsmechanik gesucht hatte. Später fand ich zwar die Mechanik, aber das eigentliche Leistungsmerkmal dieser Mechanik, nämlich die optimierte Repetitionsfähigkeit, wird als Möglichkeit zur schnellen Repetition umschrieben. Können Sie sich das vorstellen? Aber warum wird diese Mechanik weder als ein Meilenstein noch als Quantensprung der Entwicklung des Spielwerks im Klavier beworben? Und warum ist dieser mehr-wertige Leistungsfortschritt nicht schon längst in der Massenproduktion angekommen, die nämlich die spieltechnische Besonderheit auch bezahlbar machen würde?
Eine mögliche Erklärung dafür besteht darin, dass der Hersteller die Repetitionsmechanik im Klavier aus irgendeinem Grund nicht als Patent schützen lassen konnte. Sind darüber hinaus weitere Gründe vorstellbar, die erklären würden, warum diese Erfindung nicht publiziert und nicht mit einem Made in Germany für die offensichtlich vorhandenen innovativen Kräfte in Deutschland beworben wird? Ja, es sind weitere Gründe vorstellbar. So könnte es sein, dass sich der Klavierhersteller bewusst ist, dass er mit einer ausdrücklichen Hervorhebung des außergewöhnlichen und neuen Leistungsmerkmals der Repetitionsmechanik im Klavier das eigene Geschäftsmodell des besseren Klaviers angreifen würde. Denn traditionell sind die Klavierbauer der festen Überzeugung, dass der Flügel das bessere Klavier ist. Um also weiterhin den Flügel zu einem im Vergleich zum Klavier wesentlich höheren Preis verkaufen zu können, bewirbt man die zum Flügel gleichwertige jedoch gleichzeitig auch platzsparende Lösung der Repetitionsmechanik im Klavier nicht großartig, sondern beschreibt sie lediglich mit beiläufigen Worten, die man beim Lesen als eine der üblichen Übertreibungen der Werbesprache gar nicht weiter wahrnimmt. Aber ist das nicht ein unentschuldbares Versäumnis gegenüber dem Markt und allen am Klavierspiel Interessierten? Kennen Sie das Märchen: Der Kunde ist König? Inwiefern kann der Kunde König sein, wenn ihm der Koch die besten Stücke vorenthält?
Nachtrag (Mai 2014): Inzwischen habe ich herausgefunden, dass die Erfinder dieser Mehr-Wert-Mechanik nicht aus Deutschland kommen und Darrell Fandrich sowie Chris Trivelas heißen. Das würde erklären, warum die deutschen Hersteller, die diese Mechanik in ihre Klaviere einbauen, nicht ausdrücklich für den Erfinder dieser Mechaniken werben. Ansonsten trifft wohl zu, was ich direkt in dem Abschnitt darüber bezüglich des Schutzes des Flügels als das bessere Geschäftsmodell vermutet habe. Bilder der ersten Lösung einer Repetitionsmechanik im Klavier zeigt die Homepage von dreams.org. Ein Video der Leistung der Fandrich Vertical Action können Sie in meinem Blog mit dem Titel Pianovision sehen. Die neue Version dieser Mechanik ist möglicherweise tatsächlich noch nicht als Patent geschützt, was erklären würde, warum man davon noch keine Bilder finden kann. Mehr über den Erfinder Darell Fandrich, seine Klaviere und insbesondere die Fandrich Vertical Action erfahren Sie direkt auf dessen Homepage unter www.fandrich.com
Wie Amazon durch ein neues Geschäftsmodell seine Vormachtstellung ausgebaut hat
Angst verhindert Entwicklung. Das ist Psychologen bekannt. Und darauf beziehe ich mich, wenn ich von der Klavierindustrie unternehmerischen Mut und Phantasie einfordere. Obwohl ich nicht nur kein Freund des amerikanischen Unternehmens Amazon bin, sondern ein ehemaliger Kunde, der aus Ärger über die Ignoranz des Unternehmens im Rahmen mehrerer Reklamationen sein Konto dort gekündigt hat, will ich beispielhaft auf einen mutigen Entwicklungsschritt dieses Unternehmens verweisen:
Wie Sie vermutlich alle wissen, ist Amazon ein Internethändler, der zuerst der Buchbranche große Marktanteile weggenommen hat. Heute bekommt man bei dem Unternehmen weitaus mehr als nur Bücher. Vor einigen Jahren ermöglichte es Amazon über den so genannten Marketplace, dass andere Unternehmen ihre Waren in Konkurrenz zu Amazon über die identische Plattform verkaufen. Was ist das für ein Wahnsinn, sich selbst Konkurrenz zu machen? Amazon greift doch damit das eigene erfolgreiche Geschäftsmodell an? Auf den ersten Blick trifft das zu. Aber wie wir heute wissen, hat Amazon dadurch nicht nur seine Marktposition ausgebaut, sondern es gleichzeitig geschafft, all seine Mitbewerber sowohl zu kontrollieren, als auch bei deren Verkäufen über Vermittlungsgebühren mitzuverdienen, mal ganz abgesehen davon, dass Amazon bei der Gelegenheit auch alle Daten über den Umsatz der Konkurrenz hinsichtlich der verkauften Waren frei Haus geliefert bekommt.
Wie könnte man den Klaviermarkt beflügeln?
Wie würde es also ausgehen, das Markt-Szenario mit einem Klavier mit vollwertiger Repetitionsmechanik? Würde der Klaviermarkt völlig zusammenbrechen? Oder würden die Menschen innerhalb und außerhalb Deutschlands verstärkt solche hochwertigen da klassischen Produkte Made in Germany kaufen? Ist nicht vielmehr damit zu rechnen, wenn man den einen Schritt in der Entwicklung wagt, dass sich danach weitere Innovationen zum Beispiel wieder im Bereich des Flügels ergeben? Viele Klavierbesitzer, die heute deutsche Klaviere kaufen, investieren in den Standort und die Hoffnung auf gute Qualität. Warum gibt die Klavierindustrie diesem Kundenpotenzial nicht ein ganzes Bündel an guten Kaufgründen an die Hand? Wie wäre es mit den Kaufgründen
Das wage ich zu fragen, da die überaus hohen Preise deutscher Klaviere ebenso wenig wie übrigens die unverhältnismäßig hohen Preise für der Premiummarken begründet sind. Der qualitative Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Instrumenten ist zum einen bei weitem nicht so groß wie der Preisunterschied. Darüber hinaus ist die Entwicklung eines Produktes ein weiterer Aspekt von Qualität, da ich ohne Entwicklung ein veraltetes Produkt kaufe. Wenn sich aber die Branche eines ganzen Landes im Gegensatz zur Branche im Ausland nicht entwickelt bzw. bereits vorhandene Leistungen auch noch dem Markt vorenthält, dann kann ich daraus unmöglich einen derartigen Preisunterschied ableiten. Das heißt für die deutsche Klavierindustrie:
Entweder Entwicklung oder Preissenkung!
Preissenkung - HURRA! Aber warum muss Entwicklung sein?
Vermutlich stimmen Sie mit mir sofort darüber ein, wenn es um die Forderung nach der Preissenkung geht. Aber Sie fragen zu recht, warum man ein Produkt immer weiter entwickeln muss, von dem man ja gerade auf zahlreichen Homepages von Praeludio® lesen kann, wie großartig und wichtig für unser Seelenleben die längst entwickelten Basisleistungen des Pianofortes sind. Nun, unsere globalisierte Welt befindet sich in einer höchst dynamischen Entwicklung. Deutschland hinkt bezüglich seiner gestaltenden Beiträge zu dieser Welt deutlich hinterher, während andernorts die Leistungsträger der Zukunft fast schon wie am Fließband produziert werden. Vor diesem Hintergrund erklärt sich z.B., warum unsere Eliten in der Regel auswandern. Wenn man daran etwas ändern will, dann muss man zuerst die Einstellung zur Entwicklung ändern, und das heißt, man muss den Geist im Land bezüglich Kreativität und Innovation beflügeln. Daher könnte ich mir vorstellen, dass die oben von mir geforderten Innovationen in einer zugegebenermaßen sehr konservativen Branche wie dem Klavierbau nicht nur starke Impulse für die eigene Branche hätten, sondern dazu beitragen würden, unsere Einstellung zu Innovationen positiv zu verändern.
Das wäre die Chance an der Veränderung, nämlich der Versuch, sich gestalterisch daran zu beteiligen. Unterlassen wir dieses Bemühen, wird die Veränderung trotzdem ungebremst und ohne die Möglichkeit der Einflussnahme über uns hinweg rollen. So zieht z.B. gerade die Robotik mit rasantem Tempo in unsere produktive und gleich morgen die Roboter leibhaftig als kleine Helfer in unsere soziale Welt ein. Nach
leiten aktuell intelligente Software und neuste Automatisierungstechnik nach der Vorstellung der Ingenieure den nächsten Quantensprung ein, den Sie unter der neuen Überschrift Welt 4.0 mal bei der diskretesten Suchmaschine der Welt Startpage recherchieren und näher betrachten sollten. Darüber hinaus ist schon heute das Internet als allzeit und räumlich unabhängig verfügbare Wissensplattform im Begriff, uns weitgehend die so genannten einfachen Tätigkeiten und Routineaufgaben zu entziehen, was zu der Notwendigkeit führt, dass wir uns für die Arbeitswelt von morgen höher qualifizieren müssen, um daran erfolgreich teilhaben zu können. Das wiederum würde aber voraussetzen, dass sich in der schulischen und beruflichen Ausbildung sehr schnell etwas gravierend ändert. In dem Zusammenhang kann ich Ihnen die Literatur und Vorträge des Autors Gunter Dueck empfehlen, der als ehemaliger Professor der Mathematik und zuletzt als Chief Technology Officer bei IBM aus der Sicht eines Insiders die Öffentlichkeit über die unvermeidlichen Veränderungen informiert. Wem das alles noch nicht genug ist, der kann sich zusätzlich über das neue Thema des 3-D-Drucks informieren. Denn das ist die nächste Erfindung, die unsere bisherige gesellschaftliche Struktur sehr wahrscheinlich tiefgreifender verändern wird, als wir es aktuell erwarten. Warum sollten wir also und bitte worauf eigentlich warten? Die Veränderung ist längst unterwegs. Erinnern wir uns also an eine schon sehr alte Erkenntnis und verinnerlichen diese, um so die weitere Entwicklung beeinflussen zu können, anstatt sie lediglich aushalten zu müssen: Das einzig Beständige ist die ständige Veränderung!
Daher kommen wir letztlich nicht umhin, unseren Auftrag an die Klavierindustrie in Deutschland zu erweitern. Denn es heißt aufgrund unserer neuen Einsichten nun nicht mehr entweder Entwicklung oder Preissenkung, sondern:
Nur wer imstande ist, sowohl seine Produkte zeitgemäß zu entwickeln, als auch die Preise dafür zu senken, wird das bislang lediglich unterbewusst formulierte hohe Ziel, nämlich die Revolution des Klavierbranche, auch tatsächlich erreichen!