Wenn werdende Mütter Klavier spielen, dann geben sie dem Embryo, den man ab der 8. Woche der Schwangerschaft Fetus nennt, Raum zur Entwicklung. Der Fetus braucht dazu eine Ruhephase der Mutter, denn erst dann ist die Bauchdecke nicht mehr angespannt, erst dadurch bekommt er Raum, sich zu bewegen. Der Fetus muss nämlich vorgeburtlich bereits die Netzwerke für die Bewegung der Extremitäten, ja sogar für das Atmen, anlegen. Wenn diese ersten Spielräume dann auch noch mit Musik verbunden sind, dann wird der Nachwuchs bereits vorgeburtlich für das Musizieren positiv gebahnt. Denn wir wissen ja bereits, dass der Fetus ab circa der 24.Schwangerschaftswoche zu hören beginnt.
Kinder werden genetisch mit einem Überschuss an Nervenzellen sowie Verschaltungen zwischen den Nervenzellen versorgt. Das erleichtert das Lernen der Kinder erheblich. Aber alle nicht genutzten Optionen werden auch wieder abgebaut. Mehr...
In der Pubertät verändert sich mit der Hormonproduktion das Gefühlsleben. Daher wird es nun auch interessant, mit den Jugendlichen das ausdrucksstarke da gefühlvolle Klavierspiel zu beginnen! Mehr...
Einerseits trauern Sie den in der Kindheit verpassten Chancen nach. Dazu passt es dann, wenn Sie nur allzu bereitwillig glauben, dass man als Erwachsener nicht mehr das Klavier spielen lernen kann. Doch die neuesten Erkenntnisse der Hirnforscher zeigen uns, dass wir lebenslang lernen können! Mehr...
Zum Seitenanfang Es geht um Ihre Gefühle!Der Mensch ist ganz auf Gefühle angelegt. Das ergibt sich aus unserer vorgeburtlichen Entwicklung. Stellen Sie sich vor, bereits ab der 8. Woche der Schwangerschaft beginnt sich der erste Sinn des Menschen zu entwickeln: Der Tastsinn! Daraus könnte man ebenso schließen, dass wir Menschen auf den Dialog angelegt sind. Denn der Tastsinn ist ein so genannter Dialog-Sinn. Der Tastsinn ist die Grundlage dafür, dass wir ein Körperschema entwickeln können, aus dem später einmal das Körperbewusstsein entsteht. Unsere körperliche Entwicklung ist das erste Feld, auf dem wir unser Selbstwirksamkeitskonzept entwickeln können. Und das beginnt bereits vorgeburtlich!
Die vorgeburtliche Situation zeigt uns auch, warum wir ganz auf Gefühl angelegt sind. Denn wir befinden uns im Fruchtwasser. Wir sind 9 Monate lang ununterbrochen von einem Medium umgeben, das uns ständig mit Kontakt versorgt. Daraus ergibt sich das wunderbare Empfinden der Verbundenheit. Das Fruchtwasser liefert unserem Tastsinn und damit verbunden den sich entwickelnden Strukturen im Gehirn wichtige Entwicklungsreize.
Nach der Geburt beginnen wir Schritt für Schritt im wahrsten Sinne des Wortes unsere Umwelt zu be-greifen. Etwas später bekommen wir die Gelegenheit, uns am Klavier die Welt der Musik zu ertasten. Ja, tatsächlich geht der Begriff Taste auf das italienische Wort tasto (Tastsinn) zurück, und wird daher in der Bedeutung als das Werkzeug zum Tasten verwendet! Folglich ist es logisch, wenn wir an diesem Instrument das ausleben wollen, worauf wir angelegt sind, nämlich die Spannungen unserer Innenwelt über das Spielgefühl ausdrücken zu wollen. Denn gleichzeitig beeinflussen wir in ganz natürlicher Weise auf diesem Weg wiederum unsere inneren Anspannungen, die wir Gefühle nennen. So entsteht nachvollziehbar eine Erwartungshaltung an ein Musikinstrument, das einst Pianoforte hieß, und von dem interessanterweise nicht das Forte sondern das Piano übrig geblieben ist! Mehr...
Ja. Dank meiner Tätigkeit als Klavierstimmer lernte ich in Bad Lobenstein die Konzertpianistin Henriette Gärtner kennen. Mittlerweile erlebte ich mehrere Konzerte sowie die Proben zu diesen Veranstaltungen. Um die Pianisten zu studieren, habe ich mir Ihre DVDs sowie CDs zugelegt. Passend zum Thema kann ich 2 CDs empfehlen. Hier stimmt das Instrument, der Ausdruck und das Gefühl: Kontraste sowie Imperial. Gerade auf Kontraste zeigt Frau Gärtner beispielhaft das Umschalten und somit eben den Kontrast zwischen Piano und Forte. Henriette Gärtner ist eine groß gewachsene Frau und als studierte Sportlehrerin hat sie die Power, um aus einem Konzertflügel das Maximum herauszuholen. Gleichzeitig verfügt sie über eine traumhafte Sensibilität, die einen als Zuhörer beim Pianissimo auf eine romantisch-musikalische Phantasiereise mit ganz realen Tiefenwirkungen entführt. Die Pianisten Henriette Gärtner vermittelt aufgrund ihres ausdrucksstarken da gefühlvollen Klavierspiels ein Musikerlebnis, das unter die Haut geht!
Ausdrucksstark da gefühlvoll Klavier spielen kann man lernen, indem man sich auf den Weg macht und anhand eines kleinen Repertoires den Schwerpunkt auf den Ausdruck legt. Je nach Lerntyp kann es hilfreich sein, wenn mir dabei zum einen Vorbilder auf DVD / Video sowie auf CD eine Richtung vorgeben. Zum anderen kann ein Pianocoach eine wertvolle Hilfe sein, der mich auf diesem Weg anleitet und begleitet. Dabei ist der Begriff des Pianocoaches die zeitgemäße Übersetzung des Musikpädagogen, der mich dazu anleitet, meine emotionalen Befindlichkeiten musikalisch auszudrücken. Als Methode kann ich mir das so genannte Differenzielle Lernen vorstellen. Denn gerade beim Klavier spielen geht es ja nicht darum, fixe Bewegungsmuster auszubilden, sondern vielmehr die Fähigkeit zu entwickeln, die Botschaften der Komponisten emotional stimmig mittels Dynamik und Klang differenziert zu übersetzen. Als weiterführende Quelle Ihrer Information finden Sie am Ende dieses Themas den Videovortrag über das Differenzielle Lernen im Sport.
Die ersten Gedanken zu einem Transfer der Methode in die Musik sind positiv. Martin Widmaier nutzt in der Zeitschrift Üben und Musizieren Jahrgang 2007 Ausgabe 3 (wird vom Verlag leider nicht mehr zum Nachlesen online zur Verfügung gestellt) die Gelegenheit, um seine eigene Musikschule für Klavierspieler in Verbindung mit dem Differenziellen Lernen vorzustellen. Genauso interessant finde ich den Artikel Von Sportlern lernen, Differenzielles Lernen - Impulse für die Musikpädagogik von Stefan Albrecht erschienen in der gleichen Musikzeitschrift in der Jahrgang 2009 Ausgabe 5 (auch dieser Artikel wird vom Verlag nicht mehr online zum Nachlesen angeboten). Anhand des Flötenspiels zeigt der Autor beispielhaft auf, wie man bei Anfängern bestimmte Techniken als Fehler abwertet, um sie viel später wieder als Sonderfall der Technik zu lehren. Ferner versucht Albrecht zu einem Forschendem Üben zu inspirieren:
Die Frage "Was ist gleich, was wird wie verändert?" motiviert schon Anfänger, melodische, rhythmische und motivische Gesten zu entdecken und spielerisch zu verdeutlichen. Beim Forschenden Üben werden musikalische Gestalten bzw. Gesten vergleichend gegenübergestellt und ihre Unterschiede durch Variation verstärkt.
Von Geburt an sind wir darauf angelegt, von Vorbildern zu lernen, sowie ein Selbstwirksamkeitskonzept entwickeln zu können. In allen Phasen des Lebens ist es eine Katastrophe, wenn man den Menschen die Überzeugung nimmt, sie könnten etwas bewirken. Das betrifft gleichermaßen junge Menschen, die nicht in die Gesellschaft integriert werden, wie ältere Menschen, die man angeblich nicht mehr braucht. Daher bietet das Klavierspiel in allen Lebensabschnitten die Gelegenheit, sich wenigstens hier das zu holen, was wir alle so dringend brauchen: Die Bestätigung unserer Leistungsfähigkeit! Das Klavier spielen wird also zu einem erzieherisch wertvollen Mittel. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, den Menschen insbesondere den Zugang zum Klavierspiel zu erleichtern. Lernen und gerade der Erfolg beim Lernen haben einen hohen Stellenwert. Daher gewinnt auch das Klavier als Lernwerkzeug an Bedeutung, wenn es sich nämlich im Sinne seiner ursprünglichen Bedeutung (clavis = der Schlüssel) als Türöffner zum Lernerfolg erweist! Mehr...
Gerade im Zusammenhang mit der für uns alle so wichtigen Selbstwirksamkeit empfehle ich Ihnen zu dem heute wenig geschätzten Thema des Übens einen wunderbaren Artikel des Journalisten, Erziehungswissenschaftlers und Autors Reinhard Kahl. Herr Kahl ist einer der Autoren der DVD Treibhäuser der Zukunft. Hier wird nicht nur für eine Währungsreform der Pädagogik geworben, sondern auch gezeigt, dass bereits Schulen existieren, die Kindern neue Wege des Lernens ermöglichen.
Zum Seitenanfang Das Potenzial der Kultur entdecken!Was ist denn eine Kulturleistung? Biologen und Hirnforscher berichten, dass wir Menschen nicht aufrecht stehen und gehen würden, wenn wir keine Vorbilder hätten, die uns das vorleben würden. Sie führen weiter aus, dass wir auch nicht sprechen würden, wenn wir nicht vorgeburtlich bereits die Muttersprache hören würden und es nach unserer Geburt in unserer Umgebung keine Vorbilder geben würde, die mit uns sprechen. Der aufrechte Gang des Menschen sowie die Sprache sind anschauliche Beispiele für Kulturleistungen. Ebenso ist das Klavierspiel eine Kulturleistung. Es bietet uns eine Vielzahl von Chancen. Mehr...
Zum Seitenanfang Warum spielen Sie Klavier?Früher war es modisch, sich als Klavierspieler und somit als kultiviert zu erweisen. Heute hat sich der Schwerpunkt des Musizierens verlagert. Zahlreiche Eltern von Klavier spielenden Kindern und Jugendlichen berichten mir davon, dass ihre Kinder nach Hause kommen, und sich zuerst einmal ans Klavier zurückziehen. Nach ungefähr einer halben Stunde haben sie sich wieder harmonisiert. Harmonie sowie der Nutzen des Musizierens als eine natürliche Technik der Selbstregulierung sind die neuen Themen. Mehr...
Zum Seitenanfang Wie lernen leichter gehtFrüher mussten viele Kinder Klavier spielen, ohne es selbst zu wollen. Denn es ging es um eine Vorzeige-Kultur. Heute haben Kinder das Musizieren für sich entdeckt! Dazu passt die zeitgemäße Einsicht der Eltern in die elementare Bedeutung des Musizierens für die Entwicklung der Kinder. Aber nicht immer fällt das Üben leicht. Wie kann man also das Üben so gestalten, dass es im Idealfall zu einem Selbstläufer wird?
Wir Menschen sind mit mehreren Sinnen ausgestattet. Diese sind außer dem Sehsinn im Schlaf ständig eingeschaltet. Daher sind wir es gewohnt, gleichzeitig mit mehreren Sinneskanälen die eintreffenden Informationen zu verarbeiten. Wenn also der Kundendienst nicht nur das Klavier stimmt, sondern sich auch noch um den Wohlklang und die Spielart kümmert, dann erreicht er ein Ergebnis, das gleichzeitig mehrere Sinneskanäle anspricht. Daraus entsteht von selbst eine Art Sogwirkung, die Lust macht, sich öfters ans Klavier zu setzen. Und schon haben Sie diesen sich selbst nährenden Kreislauf des Erfolgs:
Zum Seitenanfang Aus welchen Gründen sollten Kinder nicht zu früh mit dem Klavier spielen beginnen?Ab circa 5 bis 6 Jahren sind Kinder alt genug, um das Klavier spielen lernen zu können. Das erklärt sich zum einen mit dem Abschluss der so genannten Magischen Phase, in der Kinder die wichtigsten eigenständigen Entwicklungen (Sprache, Fortbewegung, Sozialisierung) vollziehen. Als Folge dieser Entwicklung entsteht eine sichere Hand-Koordination als Voraussetzung dafür, spieltechnische Feinheiten richtig entwickeln zu können. Eine weiteres einsichtiges Argument liefert die Besonderheit der menschlichen Hand. Im Vergleich zu den Tieren ermöglicht uns der Daumen sowohl das kraftvolle als auch das präzise Greifen. Darüber hinaus muss der Daumen nun aber beim Klavier spielen die Funktion eines Fingers übernehmen. Das heißt, der Daumen hat nun feinmotorische Aufgaben zu leisten, die er erst lernen muss.
In der Entwicklung der kindlichen Hand erreicht der Daumen als letzter seine volle Funktion. Daher kann der Daumen bei einem zu frühen Beginn des Klavierspiels noch gar nicht als Finger benutzt werden! Denn diese potenzielle feinmotorische Fertigkeit des Daumens ist in so einem frühen Stadium noch nicht entwickelt. Folglich kann sie auch nicht geübt werden. Das beinhaltet aber die Gefahr, dass sich das Kind eine relativ grobmotorische Ersatzbewegung angewöhnt. Diese fehlerhaften Bewegungen bergen wiederum die Wahrscheinlichkeit in sich, dass sie später erwünschte da richtige Bewegungsabläufe überlagern und hemmen.
Die Tragweite des Einsatzes des Daumens kann man erkennen, wenn man weiß, dass auch Erwachsene den Einsatz des Daumens beim Klavier spielen als eine feinmotorische Bewegung erst üben und lernen müssen. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass der vielfältig differenzierte Einsatz des Daumens beim Klavier spielen nicht der ursprünglichen Daumenfunktion des Greifens entspricht. Doch im Gegensatz zu den Kindern unter 5 Jahren steht den Erwachsenen das feinmotorische Potenzial bereits zur Verfügung.
Im Gegensatz zu diesen Erkenntnissen lautet der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erforschung des Talents, dass
Meiner Ansicht nach gibt dieser aktuelle Stand der Wissenschaft über das Erfolgsrezept der Vergangenheit jedoch lediglich den Hinweis darauf, dass es uns an besseren Lehr- und Lern-Konzepten mangelt, die nämlich das Talent nicht mehr als Ausnahme sondern als Standard anstreben. In dieser Richtung ist man ansatzweise bereits unterwegs, wenn man erkannt hat, dass nicht wie früher angenommen eine außergewöhnliche sowie möglicherweise genetisch bedingte Begabung über das Ergebnis des Lernens entscheidet. Heute wissen wir, dass im Wesentlichen die Intensität der Auseinandersetzung mit einem Thema über einen längeren Zeitraum für die Qualität des Könnens verantwortlich ist.
Heißt das nun, dass Kinder so früh wie möglich beginnen sollten, das Klavier spielen zu lernen? Nein, vielmehr warnen prominente Hirnforscher ausdrücklich vor der Überforderung der Kinder durch die so genannte Frühförderung. Damit ermutigen sie uns gleichzeitig, nach neuen Zugängen zum Lernen zu suchen, die uns die Möglichkeiten eröffnen, auch zu einem späteren Zeitpunkt unseres Lebens in unsere eigene Talententwicklung erfolgreich einsteigen zu können.
Zum Seitenanfang Sollte man für das Klavier spielen werben?Muss man wirklich für das Klavier spielen werben? Ja, denn häufig scheuen sich Menschen mittleren Alters, mit dem Klavier spielen noch anzufangen. Daher wirbt Praeludio aktiv für das Klavier spielen. Besuchen Sie meinen Blog zum Klavier spielen unter http://www.praeludio.de/fragen.html.
Zum Seitenanfang Kann die moderne Technik Klavierspielern einen Mehr-Wert bieten?Aktuell sind bereits mehrere Angebote auf dem Markt, die für den Klavierspieler eine Hilfe sein können:
Genau genommen sind sämtliche Mehr-Wert-Angebote für Klavierspieler in dem Thema Hybrid-Piano enthalten. Diese Kategorisierung wird bislang für Instrumente benutzt, die im Wesentlichen herkömmliche und neue Elemente miteinander vereinen. Zum Beispiel
Wenn man das Thema mal nicht aus der Herstellersicht sondern aus der Perspektive der Nutzer betrachtet, entstehen daraus noch weitreichendere Mehr-Wert-Möglichkeiten. Zu dieser Diskussion lade ich Interessierte auf meiner Homepage zu dem Thema Hybrid-Piano ein.
Zum Seitenanfang Beeinflusst die körperliche Entwicklung unseren Geist?Sie kennen das Thema, ob es möglich ist, sich einen Mozart heranzuziehen, indem man Kinder so früh wie möglich ein Instrument lernen lässt. Genau genommen geht es bei dieser Frage um die Entwicklung unserer Potenziale als Genie. Wie viel Genialität steckt im Menschen? Oder wenn wir die Messlatte mal etwas tiefer anlegen: Was unterscheidet den Menschen von seinen genetisch nächsten Verwandten, den Menschenaffen?
Zum Thema Dank der Kultur konnte sich der Mensch schneller entwickelnUns Menschen unterscheidet gegenüber dem Affen die Intelligenz – und zwar zuerst einmal die körperliche Intelligenz. Die Fähigkeit, mit unseren 10 Fingern die Umwelt genauer und umfassender beeinflussen zu können, ist auf unsere diesbezüglich geschicktere Motorik zurückzuführen. Das betrifft ebenso den Umstand, dass wir im Gegensatz zum Affen sprechen können, da die Evolution auch beim Sprechen zuerst die motorischen Fertigkeiten bereit gestellt hat. Literatur: Motorische Intelligenz, Zwischen Musik und Naturwissenschaft, György Ligeti und Gerhard Neuweiler, Verlag Wagenbach - ohne Versandkosten über Ihren Buchhandel vor Ort zu bestellen!
Welche feinmotorischen Leistungen bei der Gestaltung von Vokalen und vor allem den Konsonanten zu erbringen sind, zeigt ein interaktives Modell der Phonetik, das von der Universität in Iowa für Studenten der Phonetik, Linguistik und Fremdsprachen entwickelt worden ist. Aber: Diese Seite ist nur noch im Kleinformat als Free Web App einsehbar, da jemand die Möglichkeit entdeckt hat, hiermit Geld zu machen.
Leider nicht mehr kostenlos verfügbar ist das Modell anatomy. Hierin kann man die unterschiedlichen Regionen der Lautbildung beim Menschen nachvollziehen. Man findet derartige Phonetik-Modelle z.B. bei anspruchsvollen Softwareprogrammen zum Lernen von Fremdsprachen, um eben die Phoneme als Kernelemente einer Sprache aufgrund der Einsicht in die Entstehung besser nachahmen zu können.
An dieser Stelle lohnt sich im Zusammenhang mit der Frage, was Lernen ist und wie Lernen eigentlich geht, die Lernleistung von Kindern zu verdeutlichen. Denn die Kleinen können im Normalfall spätestens mit 3 Jahren ihre Muttersprache. Das heißt, sie lernen zu einem Zeitpunkt das Sprechen, da sich ihr Gehirn und hier vor allem das so genannte Bewusstsein noch im Entwicklungsstadium befinden. Da uns das als eine Selbstverständlichkeit erscheint, will ich es hier kurz formulieren, was Sprechen lernen bedeutet:
Sprechen lernen bedeutet sowohl die Analyse der Grammatik als auch das Erlernen des Wortschatzes der Muttersprache. Darüber hinaus bedeutet Sprechen lernen aber auch, die jeweiligen Phoneme der Muttersprache artikulieren zu können. Was sich hinter dieser Lernleistung verbirgt, bemerken wir erst, wenn wir später versuchen, eine Fremdsprache zu lernen. Wenn man sich nun mit der Frage beschäftigt, wie man denn eine neue Sprache am besten lernt, wird man rückblickend feststellen, dass Kinder ohne ausgebildete Lehrer und daher auch ganz ohne Methodik und Didaktik genau genommen als erfolgreiche Selbstlerner herausgefunden haben, wie sie die Ansprache ihrer Mitmenschen verstehen und sich selbst sprachlich mitteilen können.
Das Geniale an dieser Nebenbei-Lernleistung des Unterbewusstseins besteht darin, dass die Kinder spätestens mit 3 Jahren die Muttersprache verstehen und sprechen können. Was ist daran genial? Genial ist das Können auf der Basis der unterbewussten Verfügbarkeit. Denn auch wir Erwachsenen können von unserer Muttersprache weder sämtliche Grammatikregeln noch ein Lexikon unseres Wortschatzes bewusst formulieren. Das heißt, wir können sprechen, ohne wirklich zu wissen, wie Sprechen eigentlich genau geht. Diesen hochkomplexen Prozess bewältigt jeder Mensch für jede Sprache dieser Erde wie bereits erwähnt als Selbstlerner lediglich aufgrund von Vorbildern und dem damit verbundenen Nachahmungseffekt, den die mittlerweile bekannt gewordenen Spiegelneurone begünstigen. Literatur: Empathie und Spiegelneurone von Giacomo Rizzolatti und Corrado Sinigaglia, edition unseld Suhrkamp Verlag - ohne Versandkosten über Ihren Buchhandel vor Ort zu bestellen!
Aktualisierung zu den Spiegelneuronen: Wie der bekannte Neurowissenschaftler Prof. Dr. phil. Dr. rer. nat. Gerhard Roth (Bremen) anlässlich der Lindauer Psychotherapiewochen in seinem Vortrag zur Entscheidungsfindung erläuterte, wurden die Spiegelneurone beim Affen gefunden. Beim Menschen jedoch findet man nach seinen Angaben anstelle der Spiegelneurone die so genannten Empathieneurone. Diese seien phylogenetisch nicht aus den Spiegelneuronen hervorgegangen, sondern würden eine dem Menschen eigene Entwicklung darstellen. Das beweist der ergänzende Hinweis, dass die Spiegelneuronen beim Affen so genannte prämotorische Neurone sind. Im Gegensatz dazu sitzen die Empathieneurone beim Menschen im orbitofrontalen Cortex (Sitz der Persönlichkeitseigenschaften im Stirnhirn) sowie im insulären Cortex (der Sitz von Gefühl und Schmerz und somit Basis des Mitfühlens). Diese neuen Einsichten würden erklären, warum schon früher andere Hirnforscher darauf hingewiesen haben, dass Lernen am Vorbild nur dann funktioniert, wenn wir zu diesem Vorbild eine positive Beziehung haben. Die Empathieneurone erklären darüber hinaus, warum Kinder eben nicht Sprechen lernen, wenn man sie vor einen Monitor setzt. Kinder brauchen das lebendige Gegenüber, um über die Beziehung zu diesem zum Nachahmen angeregt zu werden. Diese Erkenntnisse wurden auch durch die Erforschung der Wir-Intentionalität des am Max-Planck-Institut engagierten Anthropologen Michael Tomasello bestätigt. Empathie ist eine Neuerfindung im Rahmen der Evolution des Menschen und könnte einer der wesentlichen Faktoren sein, der für die im Vergleich zum genetisch fast identischen Affen rasante Entwicklung zuerst der motorischen und dann der geistigen Intelligenzen des Menschen verantwortlich ist.
Was hat das alles mit dem Klavier spielen zu tun? Musikpädagogen wie Heinrich Jacoby behaupten, dass sich das Musizieren ähnlich dem Sprechen entwickelt, wenn man den Musizierenden dazu die Gelegenheit bietet. Am Ende dieses Prozesses verfügen Musiker demnach über ein Können, das wie das Sprechen nicht bewusstseinspflichtig ist. In dem Zusammenhang stellen die interessierten Besucher von Klavierkonzerten immer wieder die berechtigten Fragen an die Künstler,
Sowohl die Beobachtungen, wie Kinder das Sprechen lernen, als auch die Einsichten der Hirnforschung zeigen, dass jeder Mensch dieses Lern-Potenzial in sich trägt. Der Schlüssel zu dieser enormen Fähigkeit scheint nicht im verstandesorientierten Wissen sondern in unserem Gefühl zu liegen. Denn nicht nur Kinder sondern auch wir Erwachsenen sprechen auf der Grundlage unseres Sprach-Gefühls und eben nicht auf der Grundlagen eines Grammatik- oder Wortschatz-Wissens! Im Transfer auf das Musizieren gilt es demnach vorrangig das Spielgefühl zu entwickeln. Aber wie entwickelt man eigentlich ein Sprachgefühl oder ein Spielgefühl? Gibt es denn einen Didaktik und Methodik der Emotionen? Ja, tatsächlich gibt es das Buch Emotionsdidaktik von Beate Blank (ISBN 3-9809210-2-6) mit dem Untertitel Wie man den Genuss im Bewegen entdecken kann. In diesem Buch berichtet die Autorin von überraschenden Veränderungen, die sich aus der Aufgabe ergeben, während der Ausführung einer bestimmten Tätigkeit die eigenen Gefühle zu beachten.
Zum Thema Körperlichkeit als Basis jedes ErlebensWenn Embryos heranwachsen, dann ist der Tastsinn der erste Sinn, der sich entwickelt. Betrachtet man den menschlichen Homunculus mit seinen sensorischen und motorischen Rindenfeldern, stellt man fest, dass die feinmotorischen Areale weitaus größer sind als die eher grobmotorischen Bereiche. Offensichtlich hat schon die Evolution der Geschicklichkeit als Ausdruck körperlicher Intelligenz auf der Ebene des Gehirns einen höheren Stellenwert eingeräumt als der körperlichen Kraft. Daher meint Gerald Hüther als Hirnforscher, dass das Gehirn sich aus dem Grund beim Menschen so umfangreich entwickelt habe, weil es dazu da ist, damit es uns gut geht! Zurück zur Entwicklung des menschlichen Embryos. Aus dem Tastsinn entsteht später das Körperschema und das Körperbewusstsein, das wiederum eine Vorstufe zum (geistigen) Bewusstsein darstellt. Somit ist die Linie von der Evolution klar vorgegeben:
Die geistige Entwicklung findet auf der Basis des körperlichen Wachstums statt. Auf diese Art und Weise entwickelt sich jedes Kind. Diese Einsicht setzt man heute erfolgreich in der Therapie ein. Um aber Therapien gar nicht erst notwendig werden zu lassen, um also erst gar keine Not aufkommen zu lassen, die eine Wendung erzwingt, lohnt es sich, die Körperlichkeit zu nutzen, um die körperliche, geistige und psychische Gesundheit schlicht zu erhalten. Das gelingt, wenn man die Kohärenz zu seinem Körper als Fundament des geistigen wie psychischen Wohlbefindens aufrecht erhält. Den Verlust dieser Verbindung hat man nämlich inzwischen eindeutig als Ursache von Krankheit identifiziert.
Zum Thema Ein intelligenter Geist wohnt in einem intelligenten KörperWer also etwas für seine geistige Entwicklung tun will, der soll sich zuerst mit seinem Körper und hier mit der Verbesserung der Motorischen Intelligenz auseinandersetzen. Denn jeder Mensch macht als Kind die Erfahrung der Entwicklung, also eines Prozesses der Veränderung, der immer zuerst körperlich und dann geistig stattfindet. In dem Maße, in dem wir den Bezug zu unserer Körperlichkeit verlieren, kann auch das Ergebnis der geistigen Entwicklung lediglich suboptimal sein.
Zum Thema Ein einfacher Ansatz mit weitreichenden FolgenWie fördert man nun seine körperliche Intelligenz und was ist das eigentlich genau? Zum Beispiel mittels Sport könnte man seine Gewandtheit und Geschicklichkeit schulen. Im Zusammenhang mit der Geschicklichkeit ist vor allem die Beidhändigkeit hervorzuheben, da beide Gehirnhälften gleichmäßiger aktiviert werden.
Mich beeindruckt z.B. in einem Klavierkonzert, wenn ich einen faszinierenden Lauf im Diskant höre, der dann mit dem gleichen Ausdruck und der gleichen Dynamik mit der linken Hand im Bass wiederholt wird. Von dem Potenzial der Beidseitigkeit weiß man im Sport schon längst. So würde den technisch-taktisch perfekten Tennisspieler der einfache Umstand auszeichnen, wenn er mit dem Schläger beidhändig in gleicher Qualität umgehen könnte. Oder stellen Sie sich vor, dass die Fußballer beidfüßig qualitativ gleichwertig schießen könnten. Aber auch im Alltag können Sie an sich selbst beobachten, wie weit die Einseitigkeit der Spezialisierung der Hände fortschreitet. Eine Vielzahl von scheinbar einfachen Dingen können wir gar nicht erledigen, wenn wir sie einmal probeweise mit der anderen Hand ausführen.
Die Konzertpianistin Henriette Gärtner demonstriert in diesem Video anhand der Hommage à Czerny von Theodor Leschetizky (1830 - 1915) anlässlich des Klavierkonzerts 2010 im Neuen Schloss von Bad Lobenstein die hohe Kunst des beidhändigen Klavierspiels. Wie Sie sofort erkennen werden, ist die Beid-Händigkeit quasi die Voraussetzung für die Fingerfertigkeit.
Zum Thema Das einfachste Musikinstrument der Welt!Motorische Intelligenz betrifft auch und vor allem unser Sprachorgan. Affen können zwar Vokale aber mangels der entsprechenden feinmotorischen Fertigkeit keine Konsonanten bilden. Das hat man wissenschaftlich überprüft. Bei der Gelegenheit erfährt der Laie, dass die so genannten Konsonanten im Gegensatz zur Übersetzung des Wortes Konsonant im Sinne von con-sonare als ein scheinbar funktionelles Element zum Zusammen-Klingen in Wahrheit gegenüber den Vokalen eine trennende Funktion besitzen, um diese voneinander unterscheiden zu können. Daher ist es für die Sprachfähigkeit elementar, wenn Affen zwar sehr gut Vokale jedoch keine Konsonanten bilden können.
Die Bedeutung der trennenden Funktion der Konsonanten für das Verständnis des Gesprochenen erleben wir als älter werdende Menschen, wenn nämlich die so genannte Alters-Schwerhörigkeit die Kommunikation erschwert. Die Ursache dafür ist ein Nachlassen der Hörfähigkeit in den oberen Frequenzen. Da die Konsonanten aber zum Großteil aus hochfrequenten - oder musikalisch formuliert obertonreichen - Lauten bestehen, verringert sich im Alter also die Fähigkeit, diese hochfrequenten Anteile der Sprache erfolgreich zu erfassen. Im Ergebnis können wir die Vokale nicht mehr genau trennen und das Sprachverständnis leidet. Die davon betroffenen Menschen helfen sich dann interessanterweise mit einem Rückgriff auf eine alte Strategie: Sie versuchen nämlich mittels genauer Beobachtung der Lippenbewegung und Mimik des Gegenübers das zu erfassen, was ihnen auditiv entgeht. Genauso hängen kleine Kinder an den Lippen aber vor allem an der Mimik ihrer erwachsenen Vorbilder, um deren Intuition ganzheitlich zu erfassen, deren Ansprache sie (noch) nicht konkret verstehen können.
Um die Sprachfertigkeit beim Menschen ganz allgemein zu fördern, bietet sich das Singen an. Es öffnet uns den einfachsten Zugang zur Musik, denn dieses Musikinstrument lässt sich tatsächlich kinderleicht lernen! Gerade für Kinder ist es wichtig, da es dazu dient, zusätzlich die Stimmbänder zu entwickeln. Darüber hinaus ist das Singen ein ausgezeichnetes Werkzeug für die körperlich-geistige Entwicklung, da die mit dem Singen verbundene Körperhaltung eine Vielzahl positiver Nebenwirkungen für Persönlichkeit und Gesundheit hat.
Zum Thema Wie war das noch beim Sprechen lernen?Tatsächlich lässt sich über das Musizieren unsere körperliche Intelligenz wesentlich passender ansteuern als über Sportarten. Erinnern wir uns: Die ersten Ansätze von Sprachübungen und Mini-Dialogen bei Kleinkindern sind Melodien. Mit Kleinkindern singt man intuitiv mehr als man spricht! Kinder analysieren und strukturieren die Ihnen angebotene Geräuschwelt, die wir Erwachsenen Sprache nennen, über ihre angeborene Musikalität. Sprache zerlegt das noch unreife kindliche Gehirn unterbewusst in Rhythmus und Melodie. Aber es bleibt nicht beim Hören. Denn Kinder hören und sehen zugleich. Sie verbinden also den Höreindruck mit der beobachteten Mimik des Vorbilds und lernen sprechen, indem sie versuchen, die Mimik nachzuahmen und dabei ähnliche Laute zu erzeugen. Über diese lautmalerischen Übungen wird die Motorik der Sprachfertigkeit entwickelt.
Exkurs: Diese unterbewusste Verbindung von Sprachmimik und gehörten Lauten verwirrt uns genau genommen noch als Erwachsene, wenn wir im Fernsehen oder Kino einen synchronisierten Film sehen. Hier passen die beobachtete Mimik und gehörte Sprache nicht zusammen – und es ist die Macht der Gewohnheit sowie die Akzeptanz der Rolle des passiven Fernsehzuschauers bzw. Kinobesuchers, dass wir diese Irritation derart ignorieren, dass sie uns gar nicht mehr bewusst ist.
Genau genommen kann der Mensch in jedem Alter den einfachen Zugang über die Musik nutzen, um sie aufgrund ihrer ganzheitlich integrierenden Wirkung unter anderem für seine motorische Entwicklung zu nutzen. Denn die Besonderheit der Musik besteht darin, dass sie uns als Verbindung zwischen anderen Themen und somit als Vermittler zur Verfügung steht. Das Erinnern an dieses Erlebnis in der frühen Kindheit öffnet uns einen genial einfachen Weg zum Lernen. Gerade in dem Zusammenhang wird das Klavier spielen für Erwachsene zu einem Trend-Thema. Wer als Klavierlehrer motiviert ist, Erwachsene auf einem gemeinsamen Weg des Lernens zu begleiten und sie dazu einlädt, betritt keine schmale Nische. Vielmehr werden diese neuen Pianocoaches mit ihrem Angebot einen Dammbruch einleiten, denn die Menschen haben längst die Einsichten der Hirnforschung zum lebenslangen Lernen (Spiegel-Artikel von 2006 erscheint im PDF-Format) angenommen und warten sehnsüchtig auf entsprechende Angebote. Spätestens seitdem bekannt ist, dass Passivität eine krank machende Falle ist, sind wir gerne bereit, unser Leben auch lebenslang aktiv zu gestalten! Dieses Bedürfnis zu bedienen, ist ein echter Zukunftsmarkt.
Übrigens lässt sich nicht nur die Motorik sondern auch die Ausdauer besser über die Musik entwickeln. Aus verschiedenen Untersuchungen geht hervor, dass Tanzen die effektivste Methode des Ausdauertrainings ist!
Zum Thema Beidhändigkeit als Bewegungspotenzial kennen lernen!Motorische Intelligenz lässt sich in der Musik sogar noch besser, da feiner ansteuern als über den diesbezüglich vergleichsweise grobmotorischen Sport. Vor allem das Spiel eines Tasteninstruments ist hier hervorzuheben, da es die Möglichkeit zum 10-Finger-Spielsystem bietet. Immer wieder treffe ich auf Umsteiger, die davon berichten, dass sie heute noch ein Problem mit der linken Hand hätten, da sie ursprünglich z.B. Akkordeon gelernt haben. Rechtzeitig zur Beidhändigkeit angeleitet zu werden, wird als ein hohes Gut angesehen, das vor allem jenen auffällt, die den Zeitpunkt verpasst haben, diesen Bewegungsschatz quasi nebenher zu erwerben, nämlich als Kind. Vielleicht wird es aus diesem Grund dann umso interessanter, den eigenen Kindern oder Enkeln möglichst viel eines Mozart-Potenzials auf dem einfachen Weg einer frühen und natürlichen Entwicklung zugänglich zu machen.
Dass man Beidhändigkeit lernen kann und dass dieser Lernprozess sogar relativ einfach geschehen kann, hat mir eine Klavierspielerin verraten, die obendrein auch noch Selbstlernerin ist. Die junge Frau ist Linkshänderin, die beim Schreiben lernen in der Schule noch auf die vom Schulsystem bevorzugte rechte Hand umlernen sollte. Heimlich hat sie das Schreiben mit der verbotenen linken Hand weiter geübt - und genießt heute zum Beispiel im Beruf aufgrund ihrer Beidhändigkeit in kritischen Situationen den Vorzug der Wahlfreiheit der jeweils passenden Körperseite. Ganz nebenbei hat sie damals aufgrund ihrer Eigenständigkeit erfolgreich den Grundstein gelegt, um sich heute das Klavier spielen autodidaktisch erarbeiten zu können. Denn sie hat sich ja bereits als Kind die Beidhändigkeit selbst beigebracht. Oder hat sie möglicherweise durch Übung das Potenzial zur Beidhändigkeit lediglich erhalten? Ist das vielleicht ein deutlicher Hinweis darauf, wie einfach es sein könnte, die bereits vorhandenen Anlagen zu entwickeln?
Zum Thema Darf man ein Musik-Instrument als ein Entwicklungs-Werkzeug interpretieren?Das 10-Finger-Spielsystem hat durch die Entwicklung der Hammermechanik 1709 an Bedeutung gewonnen. Denn bezogen auf den ursprünglich beidhändig klöppelnden Hackbrettspieler bestand der Fortschritt darin, die Art der Tonerzeugung mittels der Mechanisierung des Klöppelns sowie dem damals bereits bekannten Bedienfeld der Klaviatur dem größeren Potenzial des Spiels mit 10 Fingern zugänglich zu machen. Hirntechnisch ist das Potenzial der Fingertechnik gegenüber dem Einsatz der Hände weitaus größer, da die Repräsentanz der Finger auf der Großhirnrinde einen wesentlich breiteren Raum einnimmt als die Repräsentation der Arme, die beim beidhändigen Klöppeln die Hände steuern. Die bessere Abbildung der Finger vor allem im motorischen Cortex ist die Voraussetzung dafür, unser Umfeld weitaus feiner manipulieren zu können. Aus dieser Möglichkeit, etwas vergleichsweise präziser beeinflussen zu können, kann man den Hinweis auf den besonderen Mehr-Wert herauslesen, eben ausdrucksstärker da gefühlvoller spielen zu können. Nicht nur die Komplexität des Spiels wurde durch das 10-Finger-Spielsystem gesteigert, sondern das Klavierspiel gewann durch die verbesserten Ausdrucksmöglichkeiten an Tiefe, indem die Gefühle in der Musik mehr Raum bekamen.
Natürlich konnte man das Tastenspiel und damit verbunden die Möglichkeit, mit 10 Fingern zu musizieren, schon vorher z.B. am Clavichord, Spinett, Cembalo sowie der Orgel praktizieren. Doch die Hammermechanik erlaubt wie bereits angedeutet unmittelbar im Spiel eine größere Dynamik und verbessert damit im Zusammenspiel mit dem grundtönigen Klang des Klaviers die emotionalen Möglichkeiten des Ausdrucks sowohl für den Komponisten als auch für den Interpreten. Andererseits gingen zugunsten der Entfaltung von Dynamik und Lautstärke Eigenschaften der Modulationsfähigkeit des Clavichords verloren. Diesen Mehr-Wert an Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten gilt es in Zukunft über die Entwicklung eines echten Hybrid-Pianos nutzbar zu machen. Denn aus der Sicht der Klavierspieler steht der Mehr-Wert des Pianos in direktem Zusammenhang mit den verbesserten Einsatz- sowie Ausdrucksmöglichkeiten des Instruments.
Die Tatsache dass die Märkte häufig stagnieren, entlarvt eine weithin verbreitete Marketing-Strategie. Anstatt dass die Firmen im Wettbewerb um ihre Kunden stehen und sich aus diesem Werben um die Kunden neue Produkte bzw. Verbesserungen ergeben, haben sich in weiten Bereichen der Wirtschaft die Firmen im Kampf gegen ihre Kunden vereint. Längst ist bekannt, dass man diese Front nur aufweichen kann, indem sich Verbraucher zur Selbsthilfe organisieren. Das ist der Weg der Evolution, die nämlich dem Prinzip der Selbstorganisation folgt. Diese Form der Selbstentwicklung ist übrigens die Grundlage unseres Lernens, das sich selbstreferenziell organisiert, wie wir es einst als Kinder selbst erlebt haben. Um diesen Entwicklungsprozess zu optimieren, sollte man dem Lernenden daher ein Feedback als Selbst-Referenz ermöglichen. Der Rest findet dann schon fast von alleine statt. Probieren Sie es aus, indem Sie regelmäßig die Fortschritte Ihres Klavierspiels mittels Tonaufzeichnungen dokumentieren. Diese Dateien eröffnen Ihnen die Möglichkeit zu einem rückblickenden Vergleich, der den Fortschritt objektiviert - und sie zu weiteren bzw. differenzierten Entwicklungen Ihres Könnens animieren wird.
Zum Seitenanfang Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach der erste Klavierlehrer?Haben Sie sich schon einmal überlegt, welche großartigen Lern-Leistungen kleinste Kinder vollbringen – und wie das möglich ist? Sind die Gene der Schlüssel für den Erfolg? Falls es nicht die Gene sind: Was ist dann der Auslöser für regelrechte Quantensprünge beim Lernen?
Dank der Hirnforschung sind diese Fragen bereits beantwortet. Die Rolle der Gene beschränkt sich darauf, das Lernen gerade am Anfang des Lebens durch einen genialen Trick zu optimieren. Zu diesem Zweck wird ein Überschuss an Nervenverbindungen bereit gestellt, die ein Lernen ermöglichen, von dem uns die Neurologen berichten, dass es selbstorganisiert stattfindet. Zum Beispiel wenn Kinder das Sprechen lernen, passiert gleichzeitig motorisch als auch mental sehr viel. Denn die Kinder entwickeln eine Feinmotorik, die der uns Menschen genetisch am nächsten stehende Affe nicht zustande bekommt. Mental analysieren die Kleinkinder die Grammatik ihrer Muttersprache und lernen den Wortschatz. Und das geschieht alles in einem Alter, in dem sich erst ganz langsam das Bewusstsein entwickelt.
Demnach sind es weniger unsere genetischen Anlagen sondern der Lernprozess, der unsere Leistungsfähigkeit verbessert. Der Vollständigkeit halber muss ich darauf hinweisen, dass der soeben beschriebene Überschuss an Nervenverbindungen frühzeitig wieder abgebaut wird. Dieser geniale Trick der Evolution steht schon dem Jugendlichen und erst recht nicht mehr dem Erwachsenen zur Verfügung. In dem Zusammenhang kommt quasi als Alternative zu dem anfänglichen Überschuss an Nervenverbindungen die Pädagogik ins Spiel, die optimales Lernen ermöglichen soll.
Zum Thema Potenzialentfaltung ermöglichenMich hat einst Prof. Dr. phil. Horst Tiwald mit der Forderung beeindruckt, nicht Talente zu suchen, um diese zur Höchstleistung zu trainieren, sondern das Talent als Ziel der Ausbildung zu setzen. Diese anspruchsvolle Vorstellung wird nun aufgrund einer 1993 von Ericsson und Krampe gefundenen Erkenntnis möglich. Die beiden Wissenschaftler haben nämlich ermittelt, dass jene Personen die Stufe der Meisterschaft erreichen, die sich zuvor über 10 Jahre mindestens 10.000 Stunden mit einer Sache beschäftigt haben. Talent ist somit eine Frage des Fleißes.
Entsprechenden Fleiß vorausgesetzt kann also jeder ein Experte werden. Dabei scheint es jedoch von Vorteil zu sein, wenn man möglichst früh beginnt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Das führt zum einen zu der so genannten Frühförderung und zum anderen weltweit zu einem Schulsystem, in dem man Schülergehirne mit Wissen abfüllt. Stattdessen bräuchten wir Menschen jedoch völlig altersunabhängig eine dialogorientierte Pädagogik, die unsere Entwicklung berücksichtigt und darauf abzielt, die in uns enthaltenen Potenziale zu entfalten. Zu dieser wunderbaren Entwicklung kommen aktuell immer mehr Informationen in Form von Büchern und Vorträgen auf den Markt. Wir brauchen die Einsichten also nur noch aufgreifen und umsetzen.
Zum Thema Begeisterung ist der Schlüssel zum natürlichen LernenDie Hirnforschung weiß es bereits, dass sich unser Gehirn nicht dadurch verändert, dass wir uns mit etwas intensiv beschäftigen. Der Schlüssel zur Veränderung und somit der Türöffner für das Lernen führt über die Begeisterung! Der Neurotransmitter Dopamin löst in einer ganzen Kaskade von Nervenzellen jene Veränderungen aus, die Lernen bewirken.
Betrachten wir noch einmal die Kinder, wenn sie auf die Welt kommen. Wie wir oben erfahren haben, sind sie mit einem Überschuss an Nervenverbindungen und einer hohen Plastizität des Gehirns ausgestattet. Diese beiden Faktoren ermöglichen es den Kindern, unterbewusst unglaubliche Lernleistungen zu erzielen. Diesen Schaltplan hinsichtlich des Überschusses an Nervenverbindungen kann man im erwachsenen Gehirn nicht wiederholen, da eben der Überschuss zu Gunsten der Stabilität der Persönlichkeit auf den von uns tatsächlich genutzten Umfang reduziert worden ist. Aber man kann den Erwachsenen genauso wie Jugendliche und Kinder begeistern. Die Begeisterung wird somit zum wesentlichen Faktor, den die Pädagogik nutzen kann, um ein leichtes da natürliches Lernen zu ermöglichen, wie wir es einst als Kinder erlebt haben. Denn es ist vorstellbar, dass der Lern-Katalysator Begeisterung auf unser Gehirn eine ähnliche Wirkung hat wie der Lern-Cocktail aus dem Bindungshormon Oxytocin sowie aus Belohnungsbotenstoffen bestehend aus endogenen Opioiden, indem für das Lernen wesentliche Teile des Gehirns wieder plastischer werden (siehe Vortrag von Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth 24.-26. Mai 2013 Warum es so schwer ist, sich und andere zu ändern.)
Erinnern wir uns ruhig an eine weitere großartige Lernleistung im Alter eines Kleinkindes, nämlich das Stehen und Gehen auf zwei Beinen. Das Gehen setzt das Stehen voraus. Bis heute gibt es keinen Roboter, der imstande ist, sich auch nur annähernd so geschickt auf zwei unseren Beinen vergleichbaren Konstruktionen zu bewegen, wie wir Menschen es können. Mit anderen Worten: Hinter dem Gehen steckt eine gigantische Leistung der menschlichen Motorik und hier vor allem der Koordination. Diese Leistung lernen Kindern längst bevor sie 3 Jahre alt sind. Zu dieser Zeit entwickelt sich aber auch erst das Bewusstsein. Und genau das ist der Grund dafür, warum wir uns leider so wenig an diese Zeit des leichten Lernens erinnern.
Zum Thema Über die musikalische Notation nur 5 Prozent der Musik erfassen?Der bekannte Neurologe Eckart Altenmüller wird 2012 ein Buch mit dem Titel Vom Neandertaler in die Philharmonie veröffentlichen. Darin geht es um die Evolution und die Rolle der Musik für die Entwicklung des Menschen. In einem 2011 gehaltenen Vortrag zum Thema Hausmusik als Seelenschau und Beziehungsmodell: Ein psycho-neurobiologischer Zugang stellt Professor Altenmüller fest, dass die in Noten geschriebene Musik lediglich 5 Prozent der gesamten Musik ausmacht. Wenn wir unseren Musikunterricht und hier speziell den Klavierunterricht betrachten, dann stellen wir aber fest, dass diese uns bekannten Unterrichtsformen zu nahezu 100 Prozent von den Noten bestimmt werden. Das heißt:
Was ist also das Besondere am Musizieren? Was unterscheidet einen Techniker von einem Künstler? Professor Altenmüller beantwortet diese Fragen in seinem Vortrag mit den folgenden Hinweisen im Sinne der Grundlage einer ganzheitlichen Musikpädagogik:
Im Gegensatz zu diesem inhaltlichen Reichtum reduziert sich eine an der Notenschrift orientierte Lehre oftmals auf die Wertungen eines Richtig oder Falsch. Damit bleibt aber die Musik als Sprache der Gefühle ein unerreichbares Ziel.
Auch zu der Frage, wie denn nun eine gute Förderung aussieht, konnte Eckart Altenmüller aufgrund seiner Erfahrungen als Spezialist für Musikererkrankungen einen Hinweis geben. Und zwar zitierte er aus den Schriften von Herrn Wieck, dem Vater von Clara Schumann, die Ihnen wenn nicht bereits als Pianistin und Ehefrau von Robert Schumann dann vielleicht aus meinem Blog zum Thema Die Wohlfühlstimmung bekannt ist:
Herr Wieck verlangte gerade als Förderer der Talente seiner Tochter, dass sie für jede Stunde am Klavier eine Stunde mit Büchern und eine Stunde in der Natur zubrachte. Mit anderen Worten: Er wollte eben keine Spezialistin heranzüchten, sondern eine gesunde Persönlichkeit sich entwickeln lassen.
Zum Thema Die gute emotionale Beziehung legt den GrundsteinUm jedoch motiviert zu sein, einen langen Lernweg zu beschreiten, braucht es gerade am Anfang einen Lehrer, der in einem jene Begeisterung weckt, die einen natürlich und leicht lernen lässt. Dieser Lehrer ist laut Professor Altenmüller für Anfänger ein wesentlicher Baustein des späteren Erfolgs. Auf dem Weg zur Meisterschaft folgen weitere Lehrer, die verschiedene Schwerpunkte in der Ausbildung übernehmen. Aber diese Lehrer folgen nur, wenn am Anfang der richtige Lehrer den Grundstein der Begeisterung und somit die Freude an der Musik über eine positive emotionale Beziehung zum Schüler legen konnte.
Die beiden anderen Bausteine des Erfolgs lauten:
Das sind also die Bausteine einer erfolgreichen und vor allem zeitgemäßen Musikpädagogik. Und um wieder auf die Bedeutung des Lehrers für den Einstieg in das Klavierspiel zurückzukommen: Hier ist genau genommen eher der MusikPÄDAGOGE als der KLAVIERlehrer gefragt. Mit anderen Worten entscheidet in diesem Stadium für den Schüler nicht die methodisch-didaktische Ausrüstung des Unterrichtenden sondern eine ähnlich gelagerte Begeisterung für das Musizieren über den Grad der emotionalen Ver-BINDUNG zwischen Schüler und Lehrer! Denn eine entsprechend emotionale und positive Beziehung bewirkt im Gehirn Veränderungen, die erst für das Lernen optimale Voraussetzungen schaffen. Wie bereits oben erläutert, bewirken die Kombination aus dem Bindungshormon Oxytocin sowie aus Belohnungsbotenstoffen bestehend aus endogenen Opioiden eine erhöhte Plastizität der für das Lernen wesentlichen Teile des Gehirns. Ferner wirkt sich dieser Lern-Cocktail günstig auf das Stressverarbeitungssystem sowie das Selbstberuhigungssystem aus. (siehe Vortrag von Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth 24.-26. Mai 2013 Warum es so schwer ist, sich und andere zu ändern.) Diese Beziehung schafft also zum einem im Lernenden neurobiologisch günstige Voraussetzungen für den psychologisch gesehen aufwendigen Prozess der Veränderung. Gleichzeitig ist eine positive Verbindung ausschlaggebend dafür, ob es der Lehrer zustande bringt, beim Schüler das Pflänzchen der Freude an der Musik zu sähen und zum Wachsen zu bringen! Dabei muss man den Samen gar nicht neu anlegen. Denn Kinder kommen bereits musikalisch zur Welt. Wäre das nicht so, so könnten die Kinder auch keine Sprache strukturieren und lernen. Denn dieser Prozess, indem eine gehörte Sprache analysiert und anschließend durch Nachahmung geübt wird, basiert darauf, dass Kinder die Sprache in musikalische Elemente wie den Sprach-Rhythmus, die Sprach-Melodie sowie beim einzelnen Wort die Be-Ton-ung zerlegen. Wenn Kinder zu sprechen beginnen, dann stehen wir Erwachsenen vor ihnen, um uns mit den Kleinen in einer Art Sprechgesang auszutauschen. Musik war in der Evolution die Vorstufe zur menschlichen Sprache. An diese angeborene Musikalität bräuchten wir also lediglich anzuknüpfen, um so das Lernen zu erleichtern. Denn grundsätzlich gelingt Lernen ja nur, wenn sich das Neue an etwas bereits Vorhandenes anbinden kann, beziehungsweise wenn das bereits Vorhandene durch das Neue erweitert wird. Ein sinnvoller Lernansatz könnte also darin bestehen, das bereits vorhandene sprachliche Talent hin zum Musizieren zu erweitern. Das würde wiederum bedeuten, dass wir zuerst singen, bevor wir ein Instrument lernen. Das Singen hätte wiederum den Vorteil, dass man völlig ohne Musiktheorie sowie ohne das Erlernen weiterer Fertigkeiten direkt in die Praxis einsteigen kann.
Zum Thema Kann das Bewusstsein überhaupt die komplexe Spielweise am Klavier alleine leisten?Wir wissen 2016 noch nicht wirklich, wie das Bewusstsein eigentlich funktioniert. Immer noch tauchen in der wissenschaftlichen Diskussion unterschiedliche Modelle vom Bewusstsein auf und verschwinden wieder, wenn die nächste Theorie diskutiert wird. Dementsprechend können wir auch noch gar nicht wissen, was das Unterbewusstsein eigentlich ist. Trotzdem sind einige Rahmendaten bereits fix in unseren Köpfen und gelten als unumstößlich. So haben wir ermittelt, dass die Arbeit des Bewusstseins äußerst unökonomisch ist: Es verbraucht sehr viel Energie. Wer konzentriert arbeitet, ist daher nach relativ kurzer Zeit entsprechend erschöpft. Zwar sind wir als Verstandeswesen stolz auf unser Bewusstsein. Trotzdem sehen wir die Grenzen unserer Belastbarkeit ein. In der Konsequenz akzeptieren wir die Theorie, dass wir dazu neigen, Tätigkeiten unterbewusst auszuführen. Das hat den Vorteil, dass wir wertvolle Energie sparen. Der uns heute sehr bewusste Aspekt des Energiesparens macht dann auch für das Lernen Sinn:
Wenn wir etwas neu lernen, müssen wir uns dem Thema bewusst hinwenden. Das kostet Energie und ist zusätzlich auch noch anstrengend, da es Stress macht, wenn wir neue in bereits bekannte Strukturen integrieren müssen. Die Belohnung für die Anstrengung beim Lernen ist das Können. Dann fällt uns die Tätigkeit leicht, da sie als bekannt eingestuft wird und somit stressfrei abläuft. Ferner sparen wir Energie, wenn wir das Gelernte schon so gut können, dass wir es unterbewusst ausführen können. Der Umfang der Tätigkeiten, die wir so im Alltag unterbewusst erledigen, geht erschreckend weit. Denn er umfasst sogar gefährliche Tätigkeiten wie das Auto fahren. Ebenso könnte man erschrecken, wenn einem bewusst wird, dass man möglicherweise zu 70, 80 oder sogar 90 Prozent unterbewusst durch den Alltag jongliert.
Auch beim Klavier spielen begegnet uns das Unterbewusstsein als ein wesentlicher Leistungsfaktor. Wenn wir ein Stück gelernt haben, wird es mehr oder weniger unterbewusst abgespult. Diese Formulierung gefällt Ihnen vermutlich nicht. Also versuche ich es neu: Motorische Fertigkeiten wie die Organisation der Fingerbewegungen werden unterbewusst organisiert, gesteuert und ausgeführt. Dadurch wird das Bewusstsein frei für die höheren Aufgaben des Klavierspiels, nämlich für das ausdrucksstarke und gefühlvolle Spiel. An dieser Stufe unterscheiden wir auch gerne Anfänger von Könnern, wenn letztere nämlich imstande sind, ein Stück nicht nur technisch, sondern auch emotional ausdrucksstark zu spielen. Die gefühlvolle Ausdrucksweise bleibt den Anfängern in der Regel vorenthalten, da diese weitgehend mit motorischen Aufgaben beschäftigt sind.
Gestatten Sie mir einen kurzen Exkurs: Meiner Ansicht ist das Klavierspiel vor allem im Bereich der klassischen Musik sehr techniklastig. Das heißt, der Übungsaufwand für die entsprechenden Fingerfertigkeiten ist relativ hoch. Das ist der Stoff, den wir weitgehend im Klavierunterricht vermittelt bekommen. Was die Klavierschüler aber eigentlich im Klavierspiel suchen, ist die Möglichkeit, über das Klavierspiel die eigenen Emotionen ausdrücken zu können. Hinter diesem Wunsch stehen verschiedene Sehnsüchte und Notwendigkeiten. Notwendig ist es schon lange, dass wir die hohe Anspannung täglich wieder herunter fahren können. Andernfalls werden wir massenhaft krank - was schon der Fall ist. Unsere Sehnsucht gilt den eigenen Emotionen, deren Stellenwert die Hirnforschung zum Beispiel die letzen Jahre erst bewusst erfasst hat, der uns aber unterbewusst längst klar ist! Den eigenen Gefühlen über das aktive Musizieren mehr Raum zu geben, das ist die Hauptantriebskraft der Menschen, um ein Musikinstrument lernen zu wollen.
Fortsetzung: In der Regel ist vermutlich nur sehr wenigen bewusst, welche Leistung das Unterbewusstsein beim Klavierspiel im Rahmen der Orientierung beim beidhändigen 10-Finger-Spiel auf einer Klaviatur vollbringt. Der Aspekt der Orientierung betrifft die Wahrnehmung der unmittelbaren Umgebung über unsere Sinnesorgane. Nun werden Sie möglicherweise einwenden, dass dies doch lediglich für einen Anfänger eine relevante Aufgabe darstellt, nämlich bis er die Systematik der Aufteilung der Tasten innerhalb der sich wiederholenden Oktaven realisiert hat. Tatsächlich ist das jener Teil, der uns bewusst wird. Doch die Orientierung innerhalb von komplexen Spielweisen wird uns nur insofern bewusst, als uns eine gewisse Komplexität vor allem neuer Handlungsmuster schlicht überfordert. Dann müssen wir die Komplexität reduzieren, indem wir uns zum Beispiel erst einmal mit jeweils einer Hand isoliert beschäftigen, bevor wir die Sequenz wieder beidhändig, dann aber immer noch im Bemühen um eine Erleichterung der kognitiven Verarbeitung in einem verlangsamten Tempo zu bewältigen versuchen.
Dass diese unterbewusste Orientierungsleistung sehr umfangreich ist und uns ständig beim Klavierspiel begleitet, wurde mir selbst erst bewusst, als ich mich mit einem neuen Instrument beschäftigt habe: Dem Seaboard Rise 49 von Roli:
Das Seaboard ist eine Art Klaviatur als Hardware kombiniert mit einer Software, die für die Klangerzeugung zuständig ist. Werden Hard- und Software des Instruments getrennt, spricht man bei der Hardware von einem Masterkeyboard. Die Software ist in der Regel umfangreicher, nämlich eine Digital Audio Workstation (DAW). Das Seaboard verbindet mit einem Keyboard diese Struktur des Masterkeyboards sowie ein so genannter Klaviatur-Form-Faktor. Anstelle von Tasten mit der Funktion einer Wippe hat das Seaboard eine wellenartige Oberfläche, die so genannten Keywaves. Die Oberfläche besteht aus Silikon. Auf diesen Keywaves ist im Zusammenspiel mit Einstellungen einer speziellen Software das bislang auf einer Art Klaviatur einzigartige Spiel in 5 Dimensionen möglich:
Immer wenn etwas mehr kann, bietet es den Nutzern auch einen Mehrwert. Dieser Mehrwert ist für musiksensible Menschen, die an den maximalen Ausdrucksmöglichkeiten ihrer emotionalen Befindlichkeiten interessiert sind, eine reizvolle Herausforderung. Genau das war der Beweggrund, warum ich mir so ein Seaboard gekauft habe. Denn mein Weg zum Klavierbau führt mich über die Musik. Im Grund bin ich im Herzen immer der Musik verbunden geblieben, auch wenn sich das eigene Musizieren stark reduziert hat. In der Zeit seit meiner Jungend habe ich mich aber dennoch sehr intensiv mit verschiedenen Aspekten der Musik wie zum Beispiel der Stimmung beschäftigt. Die Einsichten in das Thema haben mir die Grenzen des Klaviers noch bewusster gemacht, als es aufgrund der Vorerfahrungen aus meiner Jugend ausgerechnet mit der Erfahrung des die Tonarten überschreitenden Gitarristen Jimi Hendrix bereits unterbewusst angelegt war. Daher war ich selbstverständlich begeistert, als ich von der Erweiterung der Möglichkeiten des Spiels auf einer Klaviatur erfuhr.
Das Seaboard wurde geliefert. Ich packte es aus, schloss es an und begann zu spielen. Das war aufregend und spannend zugleich. Aber auch frustrierend. Denn meine Fehlerquote beim Treffen der richtigen Keywaves war überraschend hoch. Was war die Ursache? Nach einer genauen Analyse, die sie auf meiner Homepage über das Hybrid-Piano lesen können, erkannte ich die Bedeutung der taktilen und optischen Wahrnehmung für die komplexe 10-Finger-Spielweise auf einer Klaviatur. Diese unterbewusst stattfindenden Nebenbei-Leistungen sind die Grundlage für den Erfolg auf der herkömmlichen Klaviatur. Dieses Muster der Klaviatur, das bei allen analogen Tasteninstrumenten gleich ist, wurde von den elektronischen Tasteninstrumenten identisch übernommen. Das erwartete ich nun auch vom Seaboard. Doch das Seaboard enthält ja nur den Klaviatur-Form-Faktor, das heißt, nur eine tendenzielle Übereinstimmung mit dem uns bekannten Muster.
So beschränkt sich der Farbkontrast zwischen Halb- und Ganzton-Keywaves lediglich auf Schattierungen und eine dünne weiße Linie auf den Halbton-Keywaves. Strukturell erkennen wir zwar optisch die Oktaven und die typische chromatische Einteilung. Doch für die taktile Wahrnehmung, also für die Unterscheidung und die damit verbundene Orientierungsleistung auf der Klaviatur sind die strukturellen Höhenunterschiede zwischen Halb- und Ganzton-Keywaves zu gering. Das heißt, beim Seaboard fehlen die bislang bekannten und funktionierenden Grundlagen der Orientierung für die komplexen Spielweisen des 10-Finger-Spiels. Erst auf der Basis der vergleichenden Erfahrung wird einem dieser Aspekt überhaupt erst bewusst!
Wenn Sie nun im Internet nach dem Seaboard selbst recherchieren und sich die Demo-Videos ansehen, so fällt ihnen das von mir beschriebene Problem erst einmal gar nicht auf. Das liegt zum einen daran, dass sich die Demos auf kurze Sequenzen sowie in der Komplexität stark reduzierte Muster beschränken. Das heißt zum Beispiel, dass das Seaboard oft nur als Melodieinstrument mit einer Hand gespielt wird. Unter Keyboardern hat sich das so eingebürgert, da man zum einen linke und rechte Hand in verschiedenen Spuren getrennt einspielen kann. Zum anderen war dann die zweite Hand für das Bedienen neuer Features frei, nämlich zum Beispiel für das Verändern der Tonhöhen (Intonation) im Spiel über das so genannte Pitch-Rad.
Außerdem werden Sie nur Videos finden, die das Können demonstrieren. Niemand zeigt Ihnen das Scheitern. Das liegt daran, dass es sich in der Regel um die bereits erwähnten Keyboarder handelt, die von dem Seaboard eben nicht die Erwartung hatten, dass es das komplexe 10-Finger-Spiel ermöglichen würde. Die Keyboarder sind von Anfang an mit einer geringeren Erwartungshaltung an das Seaboard herangegangen und produzierten daher auch Demo-Videos ohne die komplexen Spielweisen und somit mit der erwünschten Erfolgsquote. Anstelle eine Diskussion über die Fehlerquote auszulösen, haben sich die Keyboarder damit beschäftigt, neue Spielweisen zu entdecken, die das bisherige Keyboard-Spiel bedeutend erweitern. Das betrifft zum Beispiel die Nutzung der beiden 2 cm breiten Ribbons (Multifunktionsleisten) über und unterhalb der Keywaves. Sie erlauben das stufenlose Anspielen der Tönen - schon wieder ein ganz neue Erfahrung auf einer Bedienoberfläche mit immerhin einem Klaviatur-Form-Faktor.
Doch was machen wir jetzt als Klavierspieler mit unseren so mühsam erarbeiten komplexen Spielweisen, also der Beidhändigkeit und dem 10-Finger-Spiel? Brauchen wir das in Zukunft nicht mehr? Oder finden wir, das ist eine wichtige Errungenschaft, die unverzichtbar ist? Dann müssen wir das Seaboard als diesbezüglich noch untauglich qualifizieren, über die Fehlerquote reden, und das Scheitern thematisieren. Doch an wen wenden wir uns? Der Support von Roli ist freundlich und kompetent, wenn es um darum geht, die Möglichkeiten des Seaboards auszuschöpfen. Doch wenn es um ein Erweitern der Beschränkungen geht, sollte man die eigentlich zuständigen Klavierbauer ins Boot holen, die es zumindest in Deutschland nämlich bislang weitgehend keine Notwendigkeit sahen, zeitgemäße Möglichkeiten zu integrieren. Es schien fast so, als hätte man sich gegenüber der Weiterentwicklung des Pianofortes verweigert. Der Erfolg dieser Einstellung drückt sich in Zahlen so aus, dass der Umsatz der deutschen Klavierhersteller um mehr als 70 Prozent zurückgegangen ist, reihenweise Mitbewerber in die Insolvenz gingen, und der Rest überspitzt formuliert nur noch auf die Feindliche Übernahme durch die Chinesen als Ausweg aus dem Dilemma hofft. Kann es das wirklich gewesen sein? Waren Klavierbauer aus Deutschland nicht ganz wesentlich an den Entwicklungen des Pianofortes von Mitte 1700 bis Ende 1800 beteiligt? Wohin sind die damals wirksamen Kreativ-Meme verschwunden? Könnte es gelingen, das für Deutschland gerade in dieser Zeit der rasanten Entwicklungen äußerst wertvolle Mem wieder zu aktivieren? Der Weltmarktführer unter den Klavierherstellern ist der japanische Konzern Yamaha. Der Technologieführer in der gar nicht mehr neuen Kategorie der Hybridpianos heißt Kawai und kommt ebenfalls aus Japan. Die Zukunft unseres bislang bekannten Akustikpianos ist aus Sicht der Klavierindustrie auch ein Hybridpiano, nämlich das Digitale Hybridpiano, da es eines der Kernprobleme eines akustischen Saiteninstruments mit vielen Saiten überraschend löst: Es ist servicefrei. Der Grund dafür ist einfach: Es benötigt keine Saiten mehr, die sich verstimmen könnten. Was wir hören sind Samples, also Aufnahmen von Originalklang, gespeichert und abrufbar in Klangbibliotheken, die über einen Lautsprecher abgestrahlt werden, der von der Größe und vom Material identisch ist zum Akustikpiano, nämlich einem Brett namens Soundboard (Resonanzboden). Die Übertragung gelingt mittels Digital-Analog-Wandler. Darüber redet man neuerdings auch in Deutschland, seitdem der kleinste noch existierende Klavierbauer Steingraeber einen Transducer-Flügel anbietet. Der Transducer, also der Digital-Analog-Wandler, ist aufgrund der längst fortgeschrittenen Verwendung in japanischen Pianos nicht weiter erwähnenswert. Interessant an diesem Modell ist, dass Steingraeber mal nicht den herkömmlichen Weg mit General-MIDI oder Samples gegangen ist, um weitere Klänge zu intergrieren, sondern eine Software von Pianoteq einsetzt, die mit dem Konzept des Physical-Modeling erfolgreich neue Wege der Klangsynthese beschreitet. Mehr zu dem Thema finden Sie in einem Testbericht (2022) bei www.pianoo.de.
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